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Neue Ausgabe Denk-doch-Mal.de

Die gespaltene Gesellschaft: Kann es sozialen Frieden in Deutschland geben?

28.09.2018 Ι Die Deutschen erleben die Gesellschaft als tief gespalten, in diesem Satz lassen sich die Ergebnisse einer Umfrage von Demoskopie Allensbach resümieren. Die Spaltung als soziales Phänomen ist Ergebnis einer Einkommens- und Geldpolitik, die Vermögende begünstigt und die Armen vom Wohlstand ausschließt. Das ist zutiefst ungerecht. Die Politik ist genauso gefordert wie die Gewerkschaften, ihren Beitrag zur Abkehr von diesem Weg und zur Rückkehr zu einem Pfad der Schaffung solidarischer Arbeits- und Lebensverhältnisse zu leisten. Mit der Thematisierung des Sports in dieser Online-Ausgabe von DENK-doch-MAL.de ist ein soziales Feld in die Debatte einbezogen, dass im gesellschaftlichen Diskurs oft fehlt. In diesem Sinne sollen die Beiträge einen Bogen spannen von der Politik zur ehrenamtlichen Arbeit, von der Gesellschafts- über die Bildungs- zur Sportpolitik. Die Spaltung der Gesellschaft - darin lassen sich die Ansätze einen - gilt es zu überwinden.

Und das sind die Beiträge und Autoren der neuen Ausgabe:

 

Prof. Dr. Christoph Butterwegge, bekannt für seine Forschungsarbeiten zu Armut, ungleicher Verteilung und Rechtsentwicklung und ehemaliger Kandidat der LINKEN für das Amt des Bundespräsidenten, schätzt, dass auf der Basis der Zahlen des Fünften Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung und anderer Untersuchungen in Deutschland "rund 32 Millionen Menschen (...) quasi von der Hand in den Mund" leben. Pointiert formuliert: "Sie sind nur eine Kündigung oder eine schwere Krankheit von der Armut entfernt." Politisch setzt sich Butterwegge für einen aktiven und Interventionen nicht scheuenden Sozialstaat ein. Notwendig sei eine "Agenda der Solidarität in einer inklusiven Gesellschaft".

 

 

Dr. Dierk Hirschel, Wirtschafts- und Finanzexperte von ver.di in Berlin setzt sich mit der Finanzpolitik der Großen Koalition auseinander. Einerseits ist positiv zu konstatieren, dass die durch die positive wirtschaftliche Entwicklung vorhandenen Spielräume im Bundeshaushalt für Investitionen, darunter auch viele Maßnahmen im Bildungsbereich, genutzt werden sollen. "Auf den ersten Blick" - so Hirschel - "klingt Scholz Erzählung einer soliden, gerechten und zukunftsorientierten Finanzpolitik überzeugend. Der neue Kassenwart ist kein Sparkommissar." Kritisch zu sehen sei jedoch, dass diese Maßnahmen den tatsächlichen Bedarf an Investitionen nicht abdecken könnten. Ein Ansatz könnte sein, öffentliche Investitionen von der Schuldenbremse auszunehmen.

 

 

Prof. Dr. Andrä Wolter, renommierter Hochschul- und Bildungsforscher, Mitautor am Bildungsbericht der Bundesregierung und Mitglied im Wissenschaftlichen Beraterkreis von ver.di und IG Metall, stellt in seinem Beitrag wesentliche Daten und Zusammenhänge zur sozialen Ungleichheit im Bildungsbereich vor. Eine Veränderung dieser Situation sei aufgrund der historischen Erfahrungen und der hinter der gegenwärtigen Struktur des Bildungsbereichs liegenden mächtigen sozialen Interessen nur schwer vorstellbar. Ansetzen könne man aus Sicht des Autors an den Schnittstellen und Übergängen im Bildungssystem. "Institutionelle Durchlässigkeit in soziale Durchlässigkeit zu überführen bleibt eine zentrale bildungspolitische Aufgabe."

 

 

Roman Lutz, Abteilungsleiter Bildungs- und Wissenschaftspolitik bei der Arbeitskammer des Saarlandes in Saarbrücken, geht es darum, Defizite der Sozial- und Bildungspolitik zu benennen und daraus Maßnahmen abzuleiten, um die gesellschaftliche Spaltung zu bekämpfen. Für ihn ist der Zusammenhang von Elternarmut und Bildungsarmut der Kinder eine besondere Herausforderung. Kritisch setzt sich Roman Lutz mit der Verengung von Bildung auf das ökonomisch Notwendige auseinander. "Politische Bildung gehört mehr denn je zu den dringenden Notwendigkeiten und zu den unerlässlichen und zu pflegenden Bestandteilen einer demokratischen politischen Kultur."

 

 

Mit dem Beitrag von Ewald Lienen, Technischer Direktor beim Zweitbundesligaclub 1. FC St. Pauli, wird die Bestandsaufnahme sozialer Spaltungsprozesse auf ein wichtiges Teilfeld der Gesellschaft, den Sport, ausgeweitet. Ihm ging es in seinem Vortrag um die Wechselwirkungen von Sport und Gesellschaft. Einerseits spiegelten sich im Sport, namentlich im Profifußball, soziale Spaltungen der Gesellschaft, wider und würden durch die weitreichende Kommerzialisierung des Fußballs neue und zusätzliche Widersprüche erzeugt. Andererseits habe der Sport Möglichkeiten, die die Schule und die Ausbildung oft nicht hätten. Sport verfüge über eine hohe Integrationswirkung und sei für die Persönlichkeitsentwicklung, Gesundheitsförderung und für die Demokratieerziehung wichtiger und erfolgsträchtiger Ansatzpunkt.

 

 

Auf die Möglichkeiten und Grenzen des Breitensports für die politische Bildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen geht Gerhard Labusch-Schönwandt ein. Labusch-Schönwandt war lange Zeit Betriebsrat und ist bis heute in vielen Gremien der Berufsbildungspolitik ehrenamtlich aktiv. Zudem war er Fußball-Jugendtrainer und hat diese Praxis zum Ausgangspunkt seines Statements gemacht. Grundsätzlich sei es möglich, die Jugendlichen "über die Förderung von Bewegung und Teamfähigkeit für gesellschaftspolitische Themen zu sensibilisieren".  Sein Fazit ist optimistisch: "Nach meinen eigenen Erfahrungen kann es gelingen unterschiedliche Kulturen, Persönlichkeiten und Fähigkeiten so zu verbinden, dass die Mannschaft zu einem Team wird."

 

 

Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall, diskutiert die Möglichkeiten gewerkschaftlichen Handelns im sog. digitalen Transformationsprozess. Gewerkschaften und Betriebsräte sind unabdingbar wichtige Akteure im Kampf gegen soziale Spaltung und Ausgrenzung in Gesellschaft und Betrieb. Im Zentrum ihrer Ausführungen stehen "fünf Punkte für innovative Mitbestimmung in der Digitalisierung". In diesem "Fünf-Punkte-Plan" nimmt die Qualifizierung der Belegschaften eine besondere Rolle ein. Qualifizierung sieht sie herbei als große gesellschaftliche Aufgabe, die von den Betrieben und der Gesellschaft gemeinsam angegangen werden sollte.

 

 

Dr. Klaus Heimann, freier Journalist in Berlin steuert eine Rezension bei. Es ist das Buch von Marco Maurer: Du bleibst, was du bist - Warum bei uns immer noch die soziale Herkunft entscheidet. Es geht Marco Maurer, dem Jungen aus Bayern, um Gerechtigkeit in Deutschland, genauer gesagt um Bildungsgerechtigkeit. Es geht ihm um ein "chancengerechteres Bildungssystem", das er in seiner Zeit nicht fand. Auch jetzt, Jahre später, hat er es bei seiner ausgiebigen Recherche in Deutschland nicht gefunden. Stattdessen fand er ein Land, in dem die Herkunft eines Menschen über seine Bildungsbiographie, seine Berufskarriere, seine soziale Stellung und damit über sein ganzes Leben entscheidet. Es gefällt ihm ganz und gar nicht, dass "Du bleibst was Du bist".

 

Link: www.denk-doch-mal.de

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