Ausbildungsordnungen sind das Rückgrat der dualen Berufsausbildung. Sie legen fest, welche beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten im Betrieb zu vermitteln sind, wie Prüfungen ablaufen und wie lange die Ausbildung dauert. Doch wie entsteht eine solche Ordnung eigentlich – und welche Mitwirkungsmöglichkeiten haben Fachkräfte, Ausbilderinnen, Betriebsräte oder Jugendvertreter?
Die Entwicklung einer neuen oder modernisierten Ausbildungsordnung gliedert sich in drei Phasen: Vorverfahren, Hauptverfahren und Erlassphase. Alle drei sind Teil eines konsensorientierten Prozesses, der sich über etwa zwölf Monate erstreckt und dem Qualitätsmanagementsystem LQW unterliegt. Die Federführung liegt beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), der Auftrag bei der Bundesregierung.
1. Vorverfahren: Sozialpartnerschaftlich Eckwerte klären
Zunächst stellen die Sozialpartner – Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen – einen Bedarf fest: Etwa wenn technische Entwicklungen wie Digitalisierung oder Automatisierung neue Kompetenzen erforderlich machen, die in bestehenden Ausbildungsordnungen fehlen. Sie formulieren gemeinsam Eckwerte für die Modernisierung oder Neuordnung eines Berufes. Dazu gehören unter anderem:
• Vorschlag für die Berufsbezeichnung;
• Dauer und Struktur der Ausbildung;
• Prüfungsform (z. B. gestreckte Abschlussprüfung);
• Qualifikationskatalog mit den künftig zu vermittelnden Kompetenzen.
Diese Eckwerte bilden die Grundlage für ein offizielles Antragsgespräch beim zuständigen Bundesministerium – meist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (als Einvernehmensministerium) sowie die Länder nehmen daran teil. Bei Zustimmung erteilt der Bund dem BIBB die Weisung zur Durchführung des Hauptverfahrens.
2. Hauptverfahren: Sachverständige gestalten Ausbildungspraxis
Das Bundesinstitut für Berufsbildung setzt eine Sachverständigengruppe ein, in der je zur Hälfte Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite mitarbeiten. Die IG Metall entsendet regelmäßig Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis: Ausbilderinnen, JAV-Mitglieder, Betriebsräte, Prüfer oder Personalverantwortliche.
Diese Gruppe erarbeitet:
• den Entwurf der Ausbildungsordnung einschließlich betrieblichem Ausbildungsrahmenplan;
• sowie in Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz den schulischen Rahmenlehrplan.
Beide Teile folgen dem Konsensprinzip: Änderungen erfolgen nur bei Zustimmung aller Beteiligten. Koordinatorinnen und Koordinatoren der Sozialpartner sichern die gewerkschaftlichen Positionen in der inhaltlichen Ausgestaltung.
3. Erlassphase: Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt
Nach Abschluss der fachlichen Arbeit erfolgt die juristische Prüfung durch das Bundesministerium der Justiz. Sobald die sogenannte Rechtsförmlichkeit bestätigt ist, wird die Verordnung unterzeichnet, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt zum 1. August in Kraft. Der schulische Teil wird durch die Kultusministerkonferenz separat beschlossen.
Mitmachen und mitgestalten – IG Metall sucht Expertinnen und Experten
Damit Ausbildungsordnungen auch künftig nah an der Praxis, technisch aktuell und aus Sicht der Beschäftigten tragfähig sind, braucht es engagierte Fachleute mit Erfahrung. Die IG Metall bringt Perspektiven der Ausbildungspraxis ein und sucht regelmäßig Mitwirkende für Sachverständigengruppen.
Du bist Ausbilderin, JAV-Mitglied, Betriebsrat oder Fachkraft mit tiefem Einblick in betriebliche Prozesse? Dann melde Dich bei uns!
Wir freuen uns über Rückmeldungen aus der Praxis – und über dein Interesse, die berufliche Bildung aktiv mitzugestalten.