Viele Betriebe finden keine passenden Bewerber:innen, obwohl Jugendliche nach Ausbildungsplätzen suchen. Für Ausbilder:innen, Betriebsräte und Jugendvertretungen ist das ein klarer Auftrag: Ausbildungsprozesse müssen transparenter, schneller und gerechter werden – und die Ausbildung selbst attraktiver.
1. Passende Bewerber:innen erreichen
Praktika sind der beste Türöffner. Fast drei Viertel aller Betriebe gewinnen ihre Azubis über Betriebspraktika. Praktika machen Berufe greifbar, senken Schwellenängste und zeigen, wer wirklich ins Team passt. Betriebsräte können darauf drängen, dass ausreichend Praktikumsplätze angeboten und fair betreut werden.
Neben den klassischen Wegen – wie der Meldung offener Stellen bei der Bundesagentur für Arbeit oder auf der eigenen Website – nutzen erfolgreiche Betriebe persönliche Empfehlungen, Schulkooperationen, lokale Ausbildungsmessen und zunehmend soziale Medien. Wichtig ist, den Kontakt schnell aufzunehmen und Rückmeldungen zügig zu geben. Junge Menschen erwarten heute eine klare Kommunikation, kurze Wege und transparente Abläufe.
Nicht nur Noten zählen. Auch Jugendliche mit Hauptschulabschluss oder ausländischen Bildungswegen können mit der richtigen Unterstützung hervorragende Fachkräfte werden. Ausbilder:innen sollten prüfen, welche Anforderungen zwingend nötig sind – und wo Nachqualifizierung helfen kann. BR und JAV können darauf achten, dass Auswahlverfahren chancengleich gestaltet sind.
2. Ausbildung attraktiv gestalten
Faire Vergütung und Übernahmeperspektive sind für junge Menschen entscheidend. Ausbildungsplätze mit klarer Aussicht auf Übernahme und tariflicher Bezahlung werden deutlich häufiger besetzt. Zusätzliche Leistungen wie Mobilitätszuschüsse, Lernmittelzuschüsse oder betriebliche Altersvorsorge erhöhen die Attraktivität weiter.
Ein offenes Lernklima, feste Ansprechpartner:innen, Feedbackgespräche und ein klar strukturierter Ausbildungsplan binden Auszubildende nachhaltig. Gerade neue Ausbilder:innen profitieren von kollegialem Austausch und Weiterbildungen.
Viele Auszubildende interessieren sich für Zusatzqualifikationen, Auslandserfahrungen oder Karrierewege im Betrieb. Eine gezielte Kommunikation dieser Möglichkeiten stärkt Motivation und Bindung.
3. Unterstützung gezielt nutzen
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) vermittelt nicht nur Bewerber:innen, sie berät auch Betriebe zur „Assistierten Ausbildung“ (AsA). AsA unterstützt beim Matching, beim Ausbildungsstart und bei Problemen im Verlauf – mit Lernförderung, Coaching und Begleitung.
Das Programm „Passgenaue Besetzung“ hilft kleinen und mittleren Betrieben, passende Jugendliche zu finden – auch aus dem Ausland. Seit 2024 ist das Programm mit den Willkommenslotsen verbunden, die speziell zur Integration Geflüchteter beraten.
Die Einstiegsqualifizierung (EQ) ist ein vorgeschaltetes Langzeitpraktikum (4–12 Monate). Sie hilft jungen Menschen mit Startschwierigkeiten, den Beruf kennenzulernen, und ermöglicht Betrieben, Talente über längere Zeit zu erproben.
Programme wie JOBSTARTER plus oder überbetriebliche Unterweisungen (ÜLU) unterstützen vor allem kleine Betriebe mit Beratungsstrukturen, modernisieren Lernorte und sichern die Qualität der Ausbildung.
4. Rolle von Betriebsrat und JAV
Betriebsräte und JAV haben eine Schlüsselrolle bei der Nachwuchsgewinnung:
• Sie können vom Arbeitgeber eine vorausschauende Fachkräfteplanung verlangen (§ 92 BetrVG).
• Sie achten darauf, dass Auswahlverfahren fair und diskriminierungsfrei gestaltet sind.
• Sie können darauf hinwirken, dass Praktikant:innen und EQ-Teilnehmende ernsthaft in die Ausbildung übernommen werden.
• Sie haben Mitbestimmungsrechte bei Ausbildungsplänen und können Qualifizierung des Ausbildungspersonals anregen.
Durch ihre Nähe zu den Jugendlichen erkennen JAV-Mitglieder früh, wo Probleme entstehen: Und können gemeinsam mit Ausbilder:innen und BR frühzeitig gegensteuern.
Ausbildungsplätze bleiben nicht deshalb unbesetzt, weil Jugendliche nicht wollen, sondern weil Erwartungen, Verfahren und Kommunikation oft nicht zusammenpassen. Wer Praktika ermöglicht, flexibel auswählt, fair bezahlt und Unterstützung nutzt, gewinnt motivierte Fachkräfte – und stärkt die duale Ausbildung im Betrieb.