Qualitätsstandards in der beruflichen Bildung Was bedeutet Qualität in der beruflichen Bildung?

Was macht eine gute Ausbildung aus? Die IG Metall beantwortet diese Frage mit dem Leitbild “erweiterte moderne Beruflichkeit”. Es definiert 15 Kriterien für Qualität in Ausbildung und Studium: von breiter Qualifikation und Praxisnähe bis zur Inklusion. Ein Überblick für Betriebsrät:innen.

Niklas Behncke an der Drehmaschine in der Ausbildungswerkstatt bei KS Gleitlager in St. Leon Rot

23. September 2025 23. September 2025


Qualität in der beruflichen Bildung bedeutet mehr als gute Noten. Nach dem Leitbild “erweiterte moderne Beruflichkeit” der IG Metall zeichnet sich eine Ausbildung von hoher Qualität dadurch aus, dass sie breite Qualifikationen vermittelt und die Fähigkeit fördert, Arbeit und Berufsleben aktiv mitzugestalten. Es formuliert Qualitätsstandards für die duale und die hochschulische Ausbildung und gibt dir als Betriebsrät:in Orientierung, worauf du bei der Qualität der Ausbildung achten solltest.

Eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung zielt auf Handlungskompetenz und vermittelt dazu breite Grundlagen statt nur Spezialwissen. Auszubildende sollen verschiedene Aufgaben bewältigen, Arbeitsprozesse und Geschäftsprozesse ganzheitlich verstehen und Probleme eigenständig lösen. Lernen findet an realen, berufstypischen Aufgaben statt, verbindet Wissen mit Praxis und fordert die Auszubildenden zum Mitdenken, Ausprobieren und Hinterfragen heraus.

Berufliche Bildung ist immer auch Persönlichkeitsbildung. Gute Ausbildung fördert die Entwicklung einer beruflichen Identität und stärkt das Selbstbewusstsein. Sie findet im Team und im Austausch mit erfahrenen Kolleg:innen statt. So entwickeln die Lernenden soziale Kompetenzen, verstehen betriebliche Zusammenhänge und erleben Solidarität. Sie lernen, eigenverantwortlich zu handeln und ihre Interessen zu vertreten.

 Gute Berufsausbildung befähigt, Arbeit und Berufsweg bewusst zu gestalten und sich auf Veränderungen im Arbeitsleben einzustellen. Das Leitbild der erweiterten modernen Beruflichkeit ist eng mit dem gewerkschaftlichen Konzept guter Arbeit verknüpft. Qualifizierte Beschäftigte sollen ihre Arbeitsbedingungen mitgestalten können, etwa beim Gesundheitsschutz, bei der Arbeitszeit oder dem Einsatz neuer Technik. Dazu gehört, dass Auszubildende ihre Rechte und Arbeitsbedingungen kennen, ihre zukünftige Berufsrolle reflektieren und sich für Verbesserungen einsetzen. Sie entwickeln ein Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit und lernen, Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen.

Ein weiterer Qualitätsaspekt ist die Verbindung von Theorie und Praxis. Praktisches Können und theoretisches Wissen stehen gleichberechtigt nebeneinander und ergänzen sich. Unterschiedliche Lernorte – wie der Betrieb, die Berufsschule oder die Hochschule – müssen eng zusammenwirken. Weder abstraktes Fachwissen noch Routine allein machen eine gute Ausbildung aus. Erst ihr Zusammenspiel schafft Qualität.

Schließlich heißt Qualität in der beruflichen Bildung auch Inklusion. Niemand wird ausgeschlossen. Eine gute Ausbildung bietet allen faire Chancen, unabhängig von sozialer oder kultureller Herkunft, Geschlecht oder Beeinträchtigung. Unterschiede in den Voraussetzungen gelten nicht als Defizit, sondern als Bereicherung. Die Ausbildung muss flexibel auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen. Ziel ist, dass alle Auszubildenden eine vollwertige berufliche Kompetenz erreichen. Niemand soll sich mit geringerer Qualifikation abfinden müssen.

Erweiterte moderne Beruflichkeit (2014)