Forschung für Mitbestimmung und Transformation 50 Jahre starke Partnerschaft: IG Metall und Ruhr-Uni Bochum

Seit 50 Jahren verbindet die IG Metall und die Ruhr-Universität Bochum (RUB) eine enge Partnerschaft. Im Zentrum steht dabei die Gemeinsame Arbeitsstelle RUB/IGM. Sie ist bundesweit einzigartig!

10. Juli 2025 10. Juli 2025


Seit 50 Jahren verbindet die IG Metall und die Ruhr-Universität Bochum (RUB) eine enge Partnerschaft – im Zentrum steht dabei die Gemeinsame Arbeitsstelle RUB/IGM. Sie ist bundesweit einzigartig: eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und gewerkschaftlicher Praxis, die sich ganz der arbeitsorientierten Forschung verschrieben hat.

Gegründet 1979 auf Basis des Kooperationsvertrags von 1975, begleitet die Arbeitsstelle seither betriebliche Interessenvertretungen mit wissenschaftlich fundierten Analysen, Konzepten und Bildungsangeboten. Ob Transformation, Digitalisierung oder Mitbestimmung im Betrieb – die Themen sind praxisnah und zukunftsorientiert.

Zum 50-jährigen Jubiläum wurde nicht nur gefeiert, sondern auch Bilanz gezogen: Zahlreiche Projekte der Arbeitsstelle haben in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, Mitbestimmung konkret zu gestalten – etwa durch Studien zu Produktionssystemen, Weiterbildung oder sozial-ökologischer Transformation. Dabei steht immer im Fokus: Wie können Betriebsräte, JAVen und Vertrauensleute gestärkt werden?

Mit dem Wechsel in der Leitung – Manfred Wannöffel übergibt an Fabian Hoose – wird die Arbeitsstelle künftig noch enger mit dem Lehrstuhl für Produktionssysteme an der RUB verzahnt. Das Ziel bleibt: Forschung, die Interessenvertretungen im Betrieb konkret unterstützt.

Zur Gemeinsamen Arbeitsstelle RUB/IGM

Pressemeldung der RUB


Seit dem Jahr 1975 besteht die Kooperationsvereinbarung zwischen der Ruhr-Universität Bochum und der IG Metall. Entstanden in einer<br/>Zeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufbruchs, markiert sie das wachsende Interesse der Gewerkschaften an wissenschaftlichen<br/>Forschungsergebnissen als auch die Hinwendung der Wissenschaft zu Problemen, die sich aus den Lebens- und Arbeitsbedingungen der<br/>abhängig Beschäftigten im Betrieb und Arbeitsplatz ergeben. Auf dieser Grundlage wurde im Jahr 1979 die Gemeinsame Arbeitsstelle<br/>RUB/IGM als ständige Anlauf-, Koordinations- und Initiativstelle zum Themenbereich arbeitsorientierter Forschung eingerichtet, sowie die<br/>Gründung zahlreicher universitärer Einrichtungen durch beide Vertragspartner unterstützt.

Meilensteine der Kooperation

Die Kooperation der Ruhr-Universität Bochum mit Gewerkschaften ergibt sich allein schon aus dem Gründungskontext der ersten Universität der Bundesrepublik im montanindustriellen Ballungsraum des Ruhrgebiets mit großen und machtvollen Gewerkschaftsorganisationen. Nicht nur die IG Metall, die die Hütten- und Stahlarbeiter vertritt, sondern vor allem auch die Industriegewerkschaft Bergbau (IGB) mit Hauptsitz in Bochum, hatten die seit 1957 beginnende Bergbaukrise gewerkschaftspolitisch begleitet. Allein Bochum hatte über 70 Schachtanlagen, zahlreiche Bergbauzulieferer, zum Beispiel Eickhoff, und war damit die bedeutendste Bergbaustadt Deutschlands.

Die Erwartungen der Gewerkschaften in der ersten industriellen Transformationsphase des Ruhrgebiets waren sehr hoch, dass die neu zu gründende Universität diesen Wandel mit wissenschaftlicher Expertise begleitet, so der ehemalige NRW-Wissenschaftsminister und spätere Ministerpräsident Johannes Rau im Jahr 1985.

Die Kooperation mit Gewerkschaften hat somit das Markenzeichen der RUB „Built to change“ bereits seit über 60 Jahren maßgeblich mitgeprägt. Diese Zusammenarbeit geht weit über den bislang einzigartigen Kooperationsvertrag zwischen dem Rektorat der RUB und dem Vorstand der IGM vom 9. Juli 1975 hinaus und hat in den letzten 50 Jahren zur Gründung zahlreicher Einrichtungen an der RUB geführt, die sich mit arbeitsweltlichen Themen beschäftigten:

  • Bereits 1960: Drei gemeinsame Positionspapiere der Sozialpartner (Gewerkschafter, Hütten- und Bergwerksdirektoren aus dem Ruhrgebiet), Forderungen nach einem interdisziplinären Institut für Arbeitswissenschaft, wenn es der Gründung einer ersten Universität im Ruhrgebiet kommen sollte.
  • 1961: Beschluss zur Gründung der Ruhr-Universität Bochum
    1965: Aufnahme des Lehrbetriebs an der RUB
  • 1971: Eröffnung des IG Metall Bildungszentrums in Sprockhövel (für gewerkschaftliche und allgemeine Erwachsenenbildung)
  • 1972: Bildung des paritätisch zusammengesetzten Arbeitskreises mit Vertretern der RUB und IGM (Beginn der Sprockhöveler Gespräche mit Vertretern der IG Metall und der RUB)
  • 1973: Lehrauftrag für den Leiter des IGM-Bildungszentrums in Sprockhövel an der Fakultät für Sozialwissenschaft (Schwerpunkt Mitbestimmung)
  • 9. Juli 1975: Unterzeichnung des Kooperationsvertrages zwischen dem Rektorat der RUB und dem Vorstand der IGM
  • 1979: Gründung der Gemeinsamen Arbeitsstelle RUB/IGM als Brückeneinrichtung zwischen Wissenschaft (RUB) und Arbeitswelt (IGM) zunächst mit Büros sowohl an der RUB als auch im IGM-Bildungszentrum Sprockhövel (erster Leiter: Dr. Erich Werthebach in enger Zusammenarbeit mit Hans-Helmut Weigmann, langjähriger Dezernent des Rektors)
  • 1979: Gründung des Forschungsinstituts für Arbeit, Partizipation und Bildung (FIAB) in Recklinghausen
  • 1980: Gründung des Instituts zur Erforschung der europäischen Arbeiterbewegung (heute: Institut für soziale Bewegungen)
  • 1982: Gründung des Weiterbildungszentrums der RUB (Schulungs- und Weiterbildungsangebote für außeruniversitäre Akteure) (heute: Akademie der RUB)
  • 1985: Gründung des Instituts für Arbeitswissenschaft (nach 25 Jahren wurden die programmatischen Forderungen der Sozialpartner aus dem Jahr 1960 schließlich erfüllt)
  • 1994: Gründung des Lehrstuhls für Organisation und Mitbestimmung an der Fakultät für Sozialwissenschaft (bis heute einzigartiger Lehrstuhl für Mitbestimmung an einer bundesdeutschen Hochschule)
  • 2011 bis 2014: Begleitforschung zur Schließung von Opel-Bochum (Lern- und Forschungsfabrik des Lehrstuhl für Produktionssysteme wird durch den Sozialtarifvertrag zwischen General Motors und der IG Metall gefördert)
  • 2013 bis 2014: Beteiligung der Gemeinsamen Arbeitsstelle am Europäischen Netzwerkprojekt des Schauspielhauses Bochum „This is not Detroit“ (u. a. in England, Polen und Spanien)
  • 2014: Lern- und Forschungsfabrik des LPS in der ehemaligen Fabrik Wollschläger wird zur Vorlage für das Transferkonzeptes „Worldfactory“ der RUB
  • 2015: Aufbau einer Transferforschungslinie zu den Qualifikationsherausforderungen und –bedarfen von Betriebsrät:innen in deutschen Unternehmen (wissenschaftliches Alleinstellungsmerkmal der Gemeinsamen Arbeitsstelle RUB/IGM)
  • seit 2016: Zertifikatsstudiengänge für Betriebsrätinnen und Betriebsräte „Strategisches Betriebsratsmanagement“ und „Digitale Transformation“ (in Kooperation mit Arbeit und Leben NRW, dem IG Metall Bildungszentrum, der Akademie der RUB, der Gemeinsamen Arbeitsstelle RUB/IGM und dem Lehrstuhl für Produktionssysteme)
  • 2023: Gründung des Netzwerks für Arbeits- und Gewerkschaftsforschung in der Universitätsallianz Ruhr
  • 2023: Gründung der Akademie für Mitbestimmung (an der Akademie der RUB)
  • 2025: IG Metall-Trainees werden in der Lern- und Forschungsfabrik des Lehrstuhls für Produktionssysteme der RUB im Schwerpunkt Arbeit und Technik ausgebildet
Zum 50. Jubiläum des Kooperationsvertrages zwischen der Ruhr-Universität Bochum und der IG Metall nimmt der Sammelband die Zukunft von Mitbestimmung und Partizipation in den Blick. Im Zentrum steht die Frage, wie sich demokratische Gestaltungsmöglichkeiten in Zeiten tiefgreifender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Umbrüche weiterentwickeln. Demokratie in Gesellschaft und Politik ist auf eine lebendige Demokratisierung der Arbeitswelt angewiesen – ohne Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen verliert sie ihre soziale Verankerung und Stabilität. Die Beiträge reflektieren historische Entwicklungen, analysieren aktuelle Herausforderungen und diskutieren innovative Ansätze für die Weiterentwicklung von Mitbestimmung und Partizipation.

Zum 50. Jubiläum des Kooperationsvertrages zwischen der Ruhr-Universität Bochum und der IG Metall nimmt der Sammelband die Zukunft von Mitbestimmung und Partizipation in den Blick. Im Zentrum steht die Frage, wie sich demokratische Gestaltungsmöglichkeiten in Zeiten tiefgreifender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Umbrüche weiterentwickeln. Demokratie in Gesellschaft und Politik ist auf eine lebendige Demokratisierung der Arbeitswelt angewiesen – ohne Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen verliert sie ihre soziale Verankerung und Stabilität.