Was passiert mit Azubis, wenn der Betrieb Insolvenz anmeldet? Unterstützungsmöglichkeiten bei Insolvenz und Azubi-Übernahme

Wenn Ausbildungsbetriebe Insolvenz anmelden, stehen Auszubildende oft vor dem Aus. Wir zeigen dir, welche bundesweiten und länderspezifischen Hilfen es gibt und wo Betriebsräte ansetzen können.

Eine Anwältin hält ein Gesetzbuch in der Hand

26. August 2025 26. August 2025


Die Insolvenz eines Ausbildungsbetriebs bringt große Unsicherheit. Für Auszubildende geht es um die Fortsetzung ihrer beruflichen Zukunft, für übernehmende Betriebe um finanzielle und organisatorische Belastungen. Damit du im Betrieb handlungsfähig bleibst, findest du hier einen Überblick über rechtliche Grundlagen und Unterstützungsinstrumente.

Rechtliche Grundlagen

Eine Kündigung allein wegen Insolvenz ist nicht zulässig (§ 22 BBiG). Erst wenn tatsächlich keine Ausbildung mehr möglich ist, kann nach § 113 InsO gekündigt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bleibt die Fortführung der Ausbildung zumutbar, solange der Betrieb nicht vollständig eingestellt ist.

Bundesweite Unterstützung

Die Bundesagentur für Arbeit zahlt Insolvenzgeld für bis zu drei Monate rückständige Ausbildungsvergütung und bietet Programme wie Assistierte Ausbildung oder Ausbildungsbegleitende Hilfen an. IHK und Handwerkskammern beraten, vermitteln neue Ausbildungsplätze und sorgen für rechtliche Klarheit im Übergang.
 


Rheinland-Pfalz

Über die Investitions- und Strukturbank (ISB) können Betriebe, die Auszubildende aus insolventen Betrieben übernehmen, einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 2.500 Euro beantragen. Voraussetzung ist, dass die Übernahme innerhalb von drei Monaten nach der Insolvenz erfolgt und beide Betriebe ihren Sitz in Rheinland-Pfalz haben.

Niedersachsen

Die NBank fördert die Übernahme von Auszubildenden aus insolventen Betrieben mit Zuschüssen von bis zu 40 % (SER) beziehungsweise 60 % (ÜR) der förderfähigen Ausgaben. Förderfähig ist eine Übernahme, wenn die Ausbildung mindestens zur Hälfte absolviert ist und die Anschlussausbildung für mindestens sechs Monate gesichert wird. Anträge sind bis Dezember 2028 möglich.

Berlin

Das Land Berlin unterstützt die Übernahme von Auszubildenden aus insolventen Betrieben durch Zuschüsse, die über die Handwerkskammer Berlin vergeben werden. Grundlage sind landeseigene Verwaltungsvorschriften zur Berufsausbildung.

Sachsen

Sachsen stellt keine eigenen Finanzmittel bereit, setzt jedoch auf enge Kooperation zwischen Kammern und Agentur für Arbeit. IHK und HWK bieten intensive Beratung und Unterstützung bei der Suche nach neuen Ausbildungsbetrieben. Zusätzlich kann die Ausbildung überbetrieblich in Bildungszentren fortgeführt werden, bis ein geeigneter Betrieb gefunden ist.


Die Unterstützungsangebote sind in Deutschland sehr unterschiedlich. Einige Länder bieten direkte finanzielle Förderung, andere setzen auf Beratung. Klar bleibt: Die Agentur für Arbeit ist bundesweit erste Anlaufstelle. Eine einheitlichere Lösung wäre notwendig, um allen Azubis gleiche Chancen auf eine abgeschlossene Ausbildung zu sichern.

Checkliste: Was tun bei Insolvenz

  1. Ruhe bewahren und Informationen einholen: Prüfen, ob die Ausbildung fortgeführt werden kann.
  2. Unterstützung bei der IG Metall holen: Wende dich sofort an deine IG Metall vor Ort. Die Gewerkschaft unterstützt dich rechtlich und praktisch. Zur Geschäftsstelle finden: https://www.igmetall.de/service/geschaeftsstellen
  3. Rechtliche Lage klären: Kündigung allein wegen Insolvenz ist nicht zulässig (§ 22 BBiG).
  4. Insolvenzgeld beantragen: Bis zu drei Monate Ausbildungsvergütung können über die Agentur für Arbeit abgesichert werden.
  5. Kammern einschalten: IHK oder HWK informieren, Beratung nutzen.
  6. Agentur für Arbeit kontaktieren: Vermittlung und Förderinstrumente prüfen.
  7. Länderprogramme prüfen: Zuschüsse und Fördermöglichkeiten vor Ort prüfen.
  8. Anschlussbetrieb sichern: Gespräche mit möglichen Übernahmebetrieben führen.
  9. Dokumentation sicherstellen: Ausbildungsnachweise und Zeugnisse sichern.

Quellen:

  • Bund-Verlag: BBiG-Kommentar, § 22 Kündigung, Rn. 55 ff., 7. Auflage 2021
  • IHK Aschaffenburg – Insolvenz des Ausbildungsbetriebes
  • IHK Oldenburg – Insolvenz des Ausbildungsbetriebes
  • Förderdatenbank Rheinland-Pfalz – Einstellung von Auszubildenden aus Insolvenzbetrieben
  • Förderdatenbank Niedersachsen – Azubi-Übernahme bei Insolvenz
  • Senatsverwaltung Berlin – Zuschüsse zur Berufsausbildung
  • Arbeitgebernetzwerk Sachsen – Insolvenz im Ausbildungsbetrieb
  • BA – Förderprogramme Ausbildung 2024 (PDF)