Vortrag von Hans-Jürgen Urban und Podiumsdiskussion Demokratiepolitik in Betrieb und Gesellschaft

Was können wir tun, wenn die Demokratie ins Wanken gerät?

1. Juli 2025 1. Juli 2025


Demokratie braucht Praxis – besonders im Betrieb

Was wir aus Vortrag und Diskussion bei der IG Metall-Fachtagung mitnehmen können


Wie kann es gelingen, demokratisches Handeln in einer Zeit der Unsicherheit zu stärken? Die Antwort gab Prof. Dr. Hans-Jürgen Urban bei der IG Metall-Fachtagung: durch konkrete Demokratieerfahrungen in der Arbeitswelt.

Der Betrieb ist kein demokratischer Raum – und gerade deshalb ein Ort, an dem Demokratie gelernt werden kann. In seinem Vortrag zeigte Urban, wie sich autoritäre Tendenzen in der Gesellschaft aus Krisenerfahrungen, Entwertungserfahrungen und sozialer Unsicherheit speisen – und wie Betriebsräte, Tarifbindung und Mitbestimmung darauf Antworten geben können.

Wer erlebt, dass es sich lohnt, gemeinsam für bessere Bedingungen zu kämpfen, stärkt seine sogenannte „Interventionskompetenz“ – also die Fähigkeit, sich einzumischen und zu handeln. Eine Demokratiepolitik, die ernst genommen werden will, muss daher auch Sozialpolitik sein: mit verlässlicher öffentlicher Daseinsvorsorge, mit Renten, die tragen, und mit beruflicher Bildung, die nicht nur Fachwissen vermittelt, sondern auch Haltung.

„Wer im Betrieb erlebt, dass Solidarität wirkt, trägt diese Erfahrung auch in die Gesellschaft.“

Prof. Dr. Hans-Jürgen Urban (IG Metall) fordert, Demokratiekompetenz zur beruflichen Kompetenz zu machen – und betont, dass soziale Sicherheit, faire Entlohnung und Mitbestimmung keine Gegensätze zur Demokratie, sondern deren Grundlage sind.
„Wir brauchen Interventionskompetenz. Junge Menschen müssen lernen, dass sie sich einmischen dürfen – und dass es etwas bringt.“
 

„Berufliche Bildung ist mehr als Fachvermittlung."

"Sie ist Persönlichkeitsentwicklung – und auch Erziehung zur Demokratie.“
Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser (BIBB) unterstreicht: Politik muss Vertrauen verdienen. Gelingt das nicht, wird auch berufliche Bildung politisch ausgehöhlt. Demokratie brauche Akteure, die gelernt haben, Verantwortung zu übernehmen.
 

„Politische Bildung muss dialogisch sein – und kollektiv erfahrbar."

„Nur wer Selbstwirksamkeit spürt, engagiert sich.“
Prof. Dr. Bettina Zurstrassen (Universität Bielefeld) mahnt, dass Demokratiebildung kein Zusatzmodul sein darf. Es brauche kontinuierliche Förderung demokratischer Kultur im Betrieb – und klare Standards auch für Prüfungen und Ordnungsarbeit.
„Viele junge Menschen sagen: Ich hätte gerne mehr Raum gehabt, über das zu sprechen, was in dieser Gesellschaft passiert.“

„Unser Mitbestimmungsmodell ist weltweit einzigartig"

"Und bleibt ein Erfolgsmodell, wenn wir es zeitgemäß gestalten.“
Indra Hadeler (Gesamtmetall) plädiert für digitale Betriebsratswahlen und hybride Versammlungen – auch, um jüngere Beschäftigte besser einzubinden. Gleichzeitig betont sie die Rolle der Unternehmen:
„Wir müssen jungen Menschen zeigen, dass sie mitgestalten können – auch, indem wir politische Bildung ermöglichen, die alltagsnah ist.“
 

Demokratiekompetenz ist Teil beruflicher Handlungskompetenz. Das betonten auch Prof. Dr. Bettina Zurstrassen (Uni Bielefeld) und Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser (BIBB) in der anschließenden Diskussion. Betriebliche Bildung müsse jungen Menschen die Erfahrung ermöglichen, dass sie etwas bewirken können – nicht nur individuell, sondern gemeinsam. Wo das gelingt, entstehen nicht nur gute Arbeitskräfte, sondern auch mündige Bürger:innen.


Indra Hadeler (Gesamtmetall) betonte die Verantwortung der Unternehmen: Medienkompetenz, politische Bildung, Begegnung mit jungen Demokrat:innen – all das könne auch Teil der Ausbildung sein. Gleichzeitig plädierte sie für Augenmaß: Mitbestimmung brauche klare Entscheidungsstrukturen. Auch über digitale Beteiligungsformate wurde gestritten – wichtig sei, so die einhellige Meinung, dass Beteiligung nicht zur Zuschauerrolle verkommt.


Die Debatte machte deutlich: Demokratiebildung im Betrieb braucht Räume, Zeit – und Struktur. Sie braucht Dialog statt Belehrung. Und sie braucht gemeinsame Verantwortung – von Gewerkschaften, Arbeitgebern, Berufsschulen und der Politik.

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