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DGB-Anforderungen an Validierungsverfahren

Beruflicher Erfahrung ihren Wert geben

23.05.2017 Ι Bisher finden im deutschen Berufsbildungssystem - anders als in anderen europäischen Ländern - non-formal erworbene Kompetenzen, die z.B. in Weiterbildungsschulungen erworben wurden, ebenso wenig Berücksichtigung wie informell erworbene Kompetenzen (z.B. Berufserfahrung, berufliches Erfahrungswissen, Ehrenamtserfahrung etc.). Das soll sich nun ändern.

Ziel von Valedierung ist es, non-formal und informell erworbene Kompetenzen sichtbar und für die Beschäftigten verwertbar zu machen. Hierzu müssen non-formal und informell erworbene Kompetenzen - insbesondere von beruflicher Erfahrung - anerkannt werden. Dies setzt zum einen eine anschlussfähige und aussagekräftige Dokumentation erfasster Kompetenzen, zum anderen eine geregelte Anerkennung - im Fachjargon Validierung - festgestellter Kompetenzen voraus. Beides ist in öffentlich-rechtlicher Verantwortung zu regeln. Der DGB will aber keine Parallelstrukturen zum bestehenden Berufsbildungssystem. Wenn Validierung eine positive Wirkung für die Beschäftigten erzielen soll, muss sie Teil des Berufsbildungssystems werden und dieses ergänzen.

 

Seit 2016 fördert das Bundesministerium für Bildung- und Forschung (BMBF) ein Pilotprojekt "Valikom", das bei den IHKen und HWKen angesiedelt ist und erste Weichen für die Einführung eines Validierungssystems stellt. Noch sind jedoch viele Fragen bei der Einführung und Umsetzung unbeantwortet. DGB und Gewerkschaften haben in diesem Zusammenhang grundsätzliche Anforderungen formuliert, um geregelte Validierungsverfahren auf das richtige Gleis zu setzen:

 

  • Es braucht einen breiten Konsens der relevanten Akteure des Bildungssystems und des Arbeitsmarktes, um Vertrauen und Akzeptanz in diese neuen Verfahren herzustellen.
  • Die Bewertung und Zertifizierung von non-formal und informell erworbenen Kompetenzen muss dabei feststellen, ob und inwieweit eine Gleichwertigkeit zu einem anerkannten Aus- und Fortbildungsberuf besteht.
  • Dafür braucht es eine Rechtsgrundlage mit verbindlichen Ansprüchen auf Beratung, Dokumentation und Zugang zu geregelter Validierung und muss bei den zuständigen Stellen nach Berufsbildungsgesetz angedockt werden.
  • Die Zugänge zu Validierungsverfahren sind dabei so zu regeln, dass die Bedeutung der Erstausbildung als Grundlage für die weitere berufsbezogene Kompetenzentwicklung berücksichtigt ist. Ein Mindestalter von 25 Jahren und eine mindestens dreijährige Berufserfahrung ist aus unserer Sicht die Voraussetzung für den Zugang zu Validierung.
  • Schließlich sind Finanzierungsfragen wie Kosten für die Validierungsverfahren und ergänzende Bildungsmaßnahmen vor der Einführung von geregelter Validierung zu klären.

 

Die Validierungsverfahren solltenin drei Schritten erfolgen, die aufeinander aufbauen:

  1. Information und Beratung sollten niedrigschwellig zugänglich und leicht erreichbar sein. "Auslöser" für geregelte Validierungsverfahren kann z.B. ein Beratungs-und Qualifizierungsgespräch sein.
  2. Die Kompetenzerfassung ist der nächste Schritt, der vorhandene Kompetenzen identifizieren und am Ende dokumentieren soll. Dafür brauchen wir Mindeststandards:
  • Validierungsinteressierte müssen darauf vertrauen können, dass ihre Kompetenzen von geeigneten und qualifizierten Fachkräften ermittelt und erfasst werden. Erstens sollte ein/e Validierungsbegleiter/in als "Meister/in des Verfahrens" sowie geeignete fachliche Expert/innen (z.B. Prüfer/innen) beteiligt sein, die aber keine betriebliche Verbindung zu den Validierungsinteressierten haben.

  • Die Stellen, die die Kompetenzerfassungen durchführen, können die nach Berufsbildungsgesetz zuständigen Stellen sein (z.B. IHKen/HWKen), aber auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie private Träger im Rahmen der Gutschein- und Vergabeverfahren der BA kommen dafür in Frage.

  • Fachliche und überfachliche Kompetenzen sollen erfasst werden. Eine Engführung auf berufsrelevante Kompetenzen sowie eine Festlegung auf bestimmte Erfassungsmethoden ist nicht sinnvoll.

  • Eine Kompetenzerfassung gliedert sich dabei in drei Bestandteile:

    (1) Eine Zusammenfassung beglaubigter oder bestätigter formaler und non-formaler Nachweise in Form von "ebenslauf"-Instrumenten,

    (2) eine Selbsteinschätzung durch die Validierungsinteressierten sowie

    (3) eine Fremdeinschätzung der Validierungsinteressierten, die die Validierungsbegleiter/innen und fachlichen Expert/innen vornehmen.

  • Das Ergebnis der Kompetenzerfassung ist in einem "Abschlussdokument" (Arbeitstitel: Kompetenzbilanz) niederzulegen. Diese Bilanz kann als individueller Überblick, als Hinweis für Weiterbildung, als Bewerbungsunterlage bis hin als Nachweis für eine Externenprüfung geeignet sein.

  • Aber - und das ist das Neue - es kann auch ein geeigneter Nachweis für eine geregelte Validierung sein.

  1. Die Kompetenzfeststellungstellt schließlich die Bewertung der in der Kompetenzbilanz erfassten Kompetenzen dar. Dabei wird festgestellt, ob eine Gleichwertigkeit zu formalen Abschlüssen vorliegt. Mit der Organisation der Durchführung von Kompetenzfeststellungen sollen die zuständigen Stellen nach Berufsbildungsgesetz betraut werden. Die Kompetenzfeststellung selbst sollte in die Hände der Prüfungsausschüsse gelegt werden und in Form eines Fachgesprächs entlang der angestrebten Referenzqualifikation erfolgen. Bei erfolgreicher Feststellung der Gleichwertigkeit wird ein öffentlich-rechtlich anerkanntes Zertifikat ausgestellt. Bei einer vorliegenden Teilgleichwertigkeit können analog zu Bestimmungen des Anerkennungsgesetzes für im Ausland erworbene Kompetenzen konkrete Auflagenfür das Erlangen der Gleichwertigkeit gemacht werden.

 

Bildungspolitik

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Mario Patuzzi

DGB Bundesvorstand | Referatsleiter Grundsatzfragen der Berufsbildung

E-Mail: mario.patuzzi@dgb.de

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