Geplante Änderung des Berufsbildungsgesetzes
Weihnachtsgeschenk der Bildungsministerin bereitet keine Freude
Nach aktueller Rechtsprechung bekommen Azubis in nicht tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie mindestens 800 Euro im ersten Ausbildungsjahr, nun droht ein Rückfall auf die neue gesetzliche Untergrenze von 504 Euro. Diese Gesetzesänderung kann außerdem die Tarifflucht von Arbeitgebern befördern. Der IG Metall-Vorschlag, die Mindestausbildungsvergütung an die durchschnittliche tarifliche Vergütung zu koppeln, wurde nicht aufgegriffen.
Wichtige Reformaspekte werden im Gesetzentwurf überhaupt nicht angepackt. Es gibt keine Verbesserungen bei der Qualitätssicherung der Ausbildung, rund ein Drittel der Auszubildenden ist mit der Qualität der Ausbildung nicht zufrieden, so der Ausbildungsreport des DGB. Auch für dual Studierende wird die Chance verpasst, deren betriebliche Praxisphasen endlich ins BBiG aufzunehmen. Verbesserungen für das Ausbildungspersonal, beispielsweise Weiterbildungsansprüche um sich auf die neuen digitalen Anforderungen vorzubereiten, sind ebenso nicht vorgesehen.
Hundertausende Prüfer/innen haben die Aufwertung ihres ehrenamtlichen Engagements erwartet, war diese doch ein wichtiges Anliegen im letzten Koalitionsvertrag der Groko. In Karliczeks Vorschlag ist hierzu nichts zu finden. Eine klare Freistellungsregelung unter Fortzahlung der Bezüge wäre das notwendige Signal zur Stärkung des Ehrenamtes. Stattdessen werden die Prüfer mit einem unnötigen Delegationsprinzip von der abschließenden Bewertung aller Prüfungsleistung befreit. Ob es für Prüfer attraktiver wird, wenn sie nicht mehr die komplette berufliche Handlungsfähigkeit selbst bewerten können, ist fraglich.
Die gestreckte Abschlussprüfung soll zukünftig so gestaltet werden, dass der Teil 1 der Prüfung immer auch der Abschluss eines zweijährigen Berufs ist. Hier wird ein Prüfungskonzept für Schmalspurberufe zurechtgebogen. Ob der Prüfungszeitpunkt und -inhalte passen, werden zur Nebensache. Der IG Metall-Vorschlag, dass Konsensprinzip endlich im BBiG zu verankern und die Stufenausbildung mit Durchstieg für Auszubildende richtig zu regeln, wurde nicht aufgegriffen.
Im Bereich der beruflichen Fortbildung sind zwar viele Änderungen vorgesehen, die Mehrheit sind aber längst Standard und in einer Empfehlung des Hauptausschusses beim Bundesinstitut für Berufsbildung verankert. Eine gesetzliche Regelung wäre hier gar nicht notwendig und verschlechtert die notwendige Flexibilität auf zukünftige Anforderungen schnell reagieren zu können. Die neue Bezeichnung der höherqualifizierenden Berufsbildung wirkt eher sperrig, so auch die Anlehnung an Titel aus dem Hochschulsystem mit Bezeichnungen wie Berufs-Bachelor und Berufs-Master. Der Industriemeister Metall wird dann wohl zukünftig ein Bachelor in Metalltechnik und der Kfz-Meister im Handwerk ein Meister Bachelor in Kfz-Technik. Solche Bezeichnungen können eingeführte Marken entwerten und berücksichtigen nicht den besonderen Praxisbezug der beruflichen Fortbildung. Die von der IG Metall vorgeschlagene einfache und wirksame Qualitätsverbesserung, Fortbildungsrahmenpläne gesetzlich zu verankern, wurde nicht aufgegriffen. Mit Fortbildungsrahmenplänen würde Fortbildungsinteressierten etwas an die Hand gegeben, die Angebote von Bildungsanbietern qualitativ zu prüfen und sich besser zu orientieren.
Nun sind die Parlamentarier gefordert diesen vollkommen unzureichenden Gesetzentwurf zu stoppen und Gespräche mit den Sozialpartnern für eine wirkliche Reform des BBiG aufzunehmen. In zahlreichen Reden wird das deutsche duale Berufsbildungssystem gelobt und dabei auf die bedeutende Rolle der Sozialpartner hingewiesen. Jenseits dieser schönen Worte hat das Bildungsministerium bei der Erstellung des Referentenentwurfs jegliche Beratung mit den Sozialpartnern verweigert. Das ist ein Skandal!