Viele Details, keine Struktur, reformerisches Stückwerk
Neues ARGUMENTE-Heft des Wissenschaftlichen Beraterkreises analysiert die bildungspolitischen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag
In der Summe werfen die bildungspolitischen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag mehr Fragen auf als sie beantworten. Einerseits gibt es konkrete, eher kleinteilige Vorschläge, anderseits fehlen die Struktur, ein Umsetzungskonzept und - was am schwersten wiegt - eine konzentrierte bildungspolitische Reformperspektive. Nach einem Jahr fällt das Resümee deswegen kritisch aus. Eine Vielzahl von Gremien und Kommissionen, die auch Fragen der allgemeinen Bildung und der beruflichen Aus- und Weiterbildung fokussieren, arbeitet nebeneinander her. Wenig ist bisher in Gesetzesform gegossen worden. Bis heute ist nicht erkennbar, wann und in welcher Form der Nationale Bildungsrat eingerichtet wird. Der gerade beschlossene Digitalpakt Schule kann allenfalls in Ansätzen zu einer besseren Infrastruktur beitragen. Ein Beitrag zu einer notwendigen pädagogisch durchdachten Konzeption zur Medienbildung ist er nicht. Die eingeleiteten Maßnahmen zur Reform des Berufsbildungsgesetzes sind höchst umstritten und taugen wenig zu der von den Gewerkschaften erwarteten Weiterentwicklung beruflicher Aus- und Weiterbildung im Sinne von Partizipation und Mindestqualität. Zur Verbesserung der Arbeitsverhältnisse für die im Bildungsbereich Beschäftigten wurden kaum Aussagen getätigt, geschweige denn Handlungsschritte eingeleitet.
Der Beraterkreis setzt sich für eine Bildungsreform ein, die sich an einem emanzipatorischen Bildungsbegriff orientiert, die auf dem Prinzip der erweiterten Beruflichkeit beruht und die sich an den Kriterien guter Arbeit misst. Er unterstreicht die öffentliche Verantwortung für Bildung und setzt sich weiterhin für ein integratives, durchlässiges und qualitativ hochwertiges Bildungswesen ein. Mit diesem ARGUMENTE-Heft soll ein Beitrag dazu geleistet werden, die bildungspolitischen Vorhaben der Bundesregierung entlang der Notwendigkeit einer umfassenden und dringend notwendigen Bildungsreform zu diskutieren. In der Analyse der verschiedenen Verabredungen und Maßnahmen werden sowohl Defizite aufgespürt wie auch Spielräume und Ansatzpunkte für die anstehenden politischen und gesellschaftlichen Debatten benannt.
Der von den Bildungsbereichen von ver.di und IG Metall koordinierte Wissenschaftliche Beraterkreis nimmt seit 15 Jahren Stellung zu relevanten bildungspolitischen Themen. Er leistet eine kritische Analyse des Bildungs- und Beschäftigungssystems in Deutschland und gibt auf der Basis der Befunde Empfehlungen für Gewerkschaften, Unternehmen, Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit. Hinweise zu seinem Selbstverständnis, seiner Arbeitsweise, den aktuellen Mitgliedern und seinen Veröffentlichungen findet man auf seiner Homepage: https://wissenschaftlicher-beraterkreis.de/