WSI Schwerpunktheft
Nach oben ist noch viel Luft
Die Teilbereiche sind weitgehend segmentiert und nicht wie z. B. in Dänemark oder den Niederlanden in ein komplexes System kombinierter Verantwortlichkeiten eingebunden. Dies führt dazu, dass einzelbetriebliche Weiterbildungsentscheidungen oft nur in unzureichender Weise dazu beitragen, den Branchenbedarf und noch seltener den gesellschaftlichen Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken. Verglichen mit Frankreich, den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern, in denen es betriebsübergreifende Institutionen der Weiterbildungsfinanzierung gibt, weisen die Betriebe in Deutschland eher unterdurchschnittliche Weiterbildungsaktivitäten auf mit entsprechend geringeren Teilnahmechancen der Beschäftigten. In vielen Fällen konzentriert sich die Teilnahme auf Fach- und Führungskräfte, weniger qualifizierte Beschäftigte bleiben außen vor. Die Unternehmen in Deutschland investieren vorrangig in Weiterbildung, um kurzfristig die Qualifikationen der Beschäftigten an technologische und organisatorische Veränderungen anzupassen. Im Vordergrund stehen daher relativ kurze Maßnahmen, die zwar von unmittelbarem Nutzen für die Unternehmen, aber für die Beschäftigten häufig nicht übertragbar und allgemein verwertbar sind. Weiterbildungsinvestitionen über den Bedarf hinaus - also die Berücksichtigung der Arbeitsmarktmobilität der Beschäftigten - sind eher selten.
Die derzeit noch vorrangig einzelbetriebliche Entscheidungslogik in der beruflichen Weiterbildung lässt sich dabei nur durch einen Strategiewechsel von punktuellen Ad-hoc-Maßnahmen hin zur Implementierung einer Infrastruktur für lebenslanges Lernen überwinden. Hierzu können die tarifliche Weiterbildungspolitik, aber auch Kooperationen in regionalen Qualifikationsnetzwerken unter der Beteiligung von Unternehmen und Beschäftigten, Bildungsanbietern, Sozialparteien und öffentlicher Hand einen Beitrag leisten.
Die Beiträge im WSI-Schwerpunktheft untersuchen mögliche Wege zu einem verbesserten Bildungsangebot in den Unternehmen in quantitativer und qualitativer Hinsicht. So bieten sich im Bereich der Ausbildung Lernallianzen an, die die Ausbildungsbeteiligung auch für Betriebe ermöglichen, die alleine nicht alle Ausbildungsvoraussetzungen erfüllen. Thematisiert wird auch der Zusammenhang zwischen der Produktivität der Auszubildenden
und der Höhe der Ausbildungsvergütung. In der Weiterbildung wird auf die Chancen durch eine stärkere Professionalisierung des betrieblichen Weiterbildungspersonals verwiesen. Ein Blick über die Grenzen zeigt, wie die Niederlande der Unterinvestition in Aus- und Weiterbildung durch umlagefinanzierte Fondssysteme entgegentreten und zugleich die überbetriebliche Zusammenarbeit in der Weiterbildung stärken.
Im Einzelnen enthält das Heft folgende Beiträge:
. Dick Moraal, Gudrun Schönfeld: Berufliche Aus- und Weiterbildung in Unternehmen,
. Bernd Käpplinger, Nina Lichte: Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung durch Professionalisierung,
. Ursula Beicht, Günter Walden: Tarifverträge und Ausbildungsvergütungen,
. Klaus Berger: Betriebsräte und Berufsbildung,
. Klaus Schmierl: Eine Lösung für den Fachkräftemangel? Unternehmensübergreifende Lernallianzen,
. Klaus Berger, Dick Moraal: Tarifliche Weiterbildungspolitik in Deutschland und in den Niederlanden,
. Normann Müller: Negative Investitionsanreize in der betrieblichen Weiterbildung?
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