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Ralf_Koehler

Südbrandenburg

55 - 36 - 27: Haltet die jungen Leute fest

23.08.2012 Ι Die Sorgen um die Zukunft der Region Südbrandenburg treibt die IG Metall um. Viele Metall-Arbeitgeber haben noch nicht begriffen, dass ihre Existenz auf dem Spiel steht, wenn die junge Generation weiterhin Brandenburg verlässt. Die Quote der Auspendler und derjenigen, die komplett abwandern, ist die höchste in Deutschland. WAP sprach mit IG Metall-Chef Ralf Köhler über die Entwicklung und die Aktion: Zukunft für die Metallregion - Ein Herz für Azubis.

WAP: 55 - 36 - 27 das ist der Südbrandenburger Teufelskreis. Was muss man darunter verstehen?

Ralf Köhler: 1990 betrug der Anteil der Menschen unter 40 Jahren in den Landkreisen Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz noch 55 %. 2008 waren es 36 %. 2030 werden es nur noch ca. 27 % sein. Das sind Horrorzahlen für die Region und für die ansässige Metallwirtschaft. Schlimm ist auch, dass die Probleme sich weiter verschärfen. Die Abwanderung ist nicht gestoppt und wir haben weiterhin eine negative Geburtenrate. Die Ausbildungsquote ist niedrig, es wird  meist  nur eine geringe Vergütung gezahlt und für junge Menschen gibt es  kaum  sichere Jobs: Azubis werden oft nicht oder nur befristet übernommen. Regionen ohne eine ausreichende Zahl von jungen Menschen, die sich vor Ort eine Zukunft aufbauen wollen, sind dem langsamen Untergang geweiht.

 

Ist die Abwanderung ungebrochen?

Ralf Köhler: Ja, die Region blutet weiter aus. Junge Menschen kehren ihrer Heimat den Rücken. Brandenburg hat mit mehr als 28 % die höchste Quote an Auspendlern in Deutschland - viele von ihnen bleiben am Ende für immer in der Ferne. Jungen Leuten fehlen einfach die Zukunftschancen im Elbe-Elster-Kreis.

 

Die Unternehmen schaden sich doch selbst wenn sie so weiter machen?

Ralf Köhler: Auf die Unternehmen kommen enorme Probleme zu, die sich noch zuspitzen, wenn sie jetzt nicht reagieren und junge Leute in der Region halten. Für ihre Perspektive ist entscheidend, ob sie ein hohes Maß an Jobsicherheit erhalten. Dazu gehört die Übernahme nach der Ausbildung und ein möglichst unbefristetes Arbeitsverhältnis im erlernten Beruf - und nicht, dass junge Facharbeiter nur befristet beschäftigt, in artfremde Berufe niedrig bezahlte Stellen übernommen werden oder sich als Leiharbeiter in der Region verdingen müssen. Nur Firmen, die gute Arbeit auch gut entlohnen, können Azubis und Jungfacharbeiter an sich binden. Ich appelliere an alle Unternehmen: Haltet die jungen Leute fest, sonst wird der Fachkräftemangel schon sehr bald dramatische Konsequenzen haben!

 

Ihr habt die Aktion: Zukunft für die Metallregion - Ein Herz für Azubis gestartet. Was wollt ihr erreichen?

Ralf Köhler: Wir wollen ein deutliches Zeichen gegen die Abwanderung junger Leute setzen. Was wir brauchen sind mitbestimmte und tarifgebundene Arbeitsbedingungen als positiver Standortfaktor. Unsere Forderung nach Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft  von Landesregierung, DGB und  Unternehmerverband steht dabei im Mittelpunkt. Worten müssen jetzt endlich Taten folgen. Es geht um gute und faire Arbeit in der Metallregion - auch für junge Menschen. Gerechte Löhne, höhere Ausbildungsquoten, mehr Qualifizierungsangebote in hiesigen Unternehmen. Die Metallregion darf kein Billiglohnland bleiben. Wir brauchen endlich positive Signale an die jungen Menschen in Südbrandenburg. Das ist der Ausweg aus diesem Teufelskreis.

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Frank Gerdes Ι 24.08.2012
Berufsbildungsbericht 2012
...diese Dramatik lässt sich noch mit weiteren erschreckenden Zahlen untermauern. 1999 gab es in den neuen Ländern fast 148.000 neue Ausbildungsverträge letztes Jahr waren es nur noch 84.500. Im Westen gab es hingegen von 2010 zu 2011 eine positive Entwicklung. Die Prognose laut Berufsbildungsbericht ist aber: "Ost wie West weiter rückläufig". Grund extremer Rückgang von Schülerzahlen und zusätzlich in den neuen Ländern die von Ralf erwähnte Abwanderung (kein Wunder hier bei den Einkommensaussichten und Arbeitgebern die ihre Beschäftigten von oben herab behandeln). Alles mit einem positiven Nebeneffekt, nämlich das die Zahlen der Azubis in den zweijährigen Ausbildungsberufen weiter sinken. Bin mal gespannt wie lange sich die jungen Leute noch von den letzten verbleibenden - ewig gestrigen - Betrieben in die zweijährigen Kurzausbildungsgänge zwingen lassen. Zur Zeit erarbeiten ja die Arbeitgeber Hand in Hand mit der Regierung eine zweijährige "Fachkraft für Metalltechnik"

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