Südbrandenburg
55 - 36 - 27: Haltet die jungen Leute fest
WAP: 55 - 36 - 27 das ist der Südbrandenburger Teufelskreis. Was muss man darunter verstehen?
Ralf Köhler: 1990 betrug der Anteil der Menschen unter 40 Jahren in den Landkreisen Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz noch 55 %. 2008 waren es 36 %. 2030 werden es nur noch ca. 27 % sein. Das sind Horrorzahlen für die Region und für die ansässige Metallwirtschaft. Schlimm ist auch, dass die Probleme sich weiter verschärfen. Die Abwanderung ist nicht gestoppt und wir haben weiterhin eine negative Geburtenrate. Die Ausbildungsquote ist niedrig, es wird meist nur eine geringe Vergütung gezahlt und für junge Menschen gibt es kaum sichere Jobs: Azubis werden oft nicht oder nur befristet übernommen. Regionen ohne eine ausreichende Zahl von jungen Menschen, die sich vor Ort eine Zukunft aufbauen wollen, sind dem langsamen Untergang geweiht.
Ist die Abwanderung ungebrochen?
Ralf Köhler: Ja, die Region blutet weiter aus. Junge Menschen kehren ihrer Heimat den Rücken. Brandenburg hat mit mehr als 28 % die höchste Quote an Auspendlern in Deutschland - viele von ihnen bleiben am Ende für immer in der Ferne. Jungen Leuten fehlen einfach die Zukunftschancen im Elbe-Elster-Kreis.
Die Unternehmen schaden sich doch selbst wenn sie so weiter machen?
Ralf Köhler: Auf die Unternehmen kommen enorme Probleme zu, die sich noch zuspitzen, wenn sie jetzt nicht reagieren und junge Leute in der Region halten. Für ihre Perspektive ist entscheidend, ob sie ein hohes Maß an Jobsicherheit erhalten. Dazu gehört die Übernahme nach der Ausbildung und ein möglichst unbefristetes Arbeitsverhältnis im erlernten Beruf - und nicht, dass junge Facharbeiter nur befristet beschäftigt, in artfremde Berufe niedrig bezahlte Stellen übernommen werden oder sich als Leiharbeiter in der Region verdingen müssen. Nur Firmen, die gute Arbeit auch gut entlohnen, können Azubis und Jungfacharbeiter an sich binden. Ich appelliere an alle Unternehmen: Haltet die jungen Leute fest, sonst wird der Fachkräftemangel schon sehr bald dramatische Konsequenzen haben!
Ihr habt die Aktion: Zukunft für die Metallregion - Ein Herz für Azubis gestartet. Was wollt ihr erreichen?
Ralf Köhler: Wir wollen ein deutliches Zeichen gegen die Abwanderung junger Leute setzen. Was wir brauchen sind mitbestimmte und tarifgebundene Arbeitsbedingungen als positiver Standortfaktor. Unsere Forderung nach Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft von Landesregierung, DGB und Unternehmerverband steht dabei im Mittelpunkt. Worten müssen jetzt endlich Taten folgen. Es geht um gute und faire Arbeit in der Metallregion - auch für junge Menschen. Gerechte Löhne, höhere Ausbildungsquoten, mehr Qualifizierungsangebote in hiesigen Unternehmen. Die Metallregion darf kein Billiglohnland bleiben. Wir brauchen endlich positive Signale an die jungen Menschen in Südbrandenburg. Das ist der Ausweg aus diesem Teufelskreis.