IG Metall
„WAP” das Berufsbildungsportal
WAP - Springe direkt:
Inhalt
     
Foto_Bylinski

Interview mit Dr. Ursula Bylinski vom Bundesinstitut für Berufsbildung

Pädagogisches Personal entscheidend für erfolgreichen Übergang Schule - Betrieb

04.11.2014 Ι Zum Übergang von der Schule in den Beruf wurde in der Berufsbildungsforschung über die Jahre eine Reihe von theoretischen und empirischen Analysen vorgelegt, um die Probleme zu identifizieren, die bei der Gestaltung des Übergangs auftreten können. Bei allen Analysen wird im Kern davon ausgegangen, dass es entscheidend von der Arbeit und den Gestaltungsmethoden des pädagogischen Personals abhängt, wie und ob der Übergang eher erfolgreich verläuft oder eher nicht. Unser Bonner WAP-Korresponden Ulrich Degen sprach mit der Bildungsforscherin Dr. Ursula Bylinski vom Bundesinstitut für Berufsbildung darüber, welche professionelle Qualität und Kompetenz pädagogischen Fachkräfte für eine erfolgreiche Übergangsbegleitung benötigen.

WAP-Korrespondent Ulrich Degen: Frau Bylinski, sie weisen nicht zu Unrecht darauf hin, dass die Veränderungen am Übergang von der Schule in den Beruf und in die Arbeitswelt alle beteiligten Bildungsinstitutionen und die pädagogi­schen Fachkräfte vor große Herausforderungen stellen. Vielleicht erläutern Sie uns die Bedeutung der Professionalität des Bildungspersonals.

Dr. Ursula Bylinski: Der Berufseinstieg ist für junge Menschen langwieriger und komplexer geworden. Insbesondere gilt dies für Jugendliche mit niedrigen oder fehlenden Schulabschlüssen und für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Trotz leichter Verbesserungen beim Zugang zur Berufsausbildung bestehen große regionale Unterschiede. Ein in den letzten Jahren entstandenes so genanntes Übergangs­system hat sich als ineffektiv und ineffizient erwiesen. Deshalb steht bildungspolitisch die Gestal­tung des gesamten Übergangsbereichs im Zentrum, und zwar beginnend in der allgemein bilden­den Schule mit einer gezielten Berufsorientierung und einer Begleitung der jungen Menschen bis hin zur Integration in die Berufsausbildung hinein.

Die Bildungsinstitutionen und die pädagogischen Fachkräfte sind damit vor Herausforderungen ge­stellt. Tätigkeiten verändern sich und neue Aufgaben kommen hinzu: Bspw. brauchen die Lehrerin­nen bzw. Lehrer an den allgemein bildenden und beruflichen Schulen, die sozialpädagogischen Fachkräfte und die Ausbilderinnen bzw. Ausbilder - erweiterte Kompetenzen, um die Aufgaben, die mit der "Neu"-Gestaltung des Übergangs verbunden sind, auch erfüllen zu können.

 

Sie haben an acht unterschiedlichen Standorten jeweils vier verschiedene Gruppen befragt und drei elementare Tätigkeitsbereiche identifiziert. Für die Übergangsbegleitung benötigen nach Ihrer Analyse die pädagogischen Fachkräfte mindestens zwei Qualifizierungsbündel. Vielleicht können Sie mit der Beantwortung dieser Frage unser Interview einleiten und den Leser auf die komplexen Zusammenhänge des Übergansgeschehens aus Sicht der pädagogischen Akteure 'vorbereiten'.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine neue Qualität von Professionalität entstanden ist, weil zwei elementare Tätigkeitsbereiche hohe Anforderungen an professionelles Handeln stellen:
Dies ist zum einen die individuelle Bildungsbegleitung und (Lern-)Unterstützung junger Menschen auf ihrem Weg in den Beruf. D.h. hier braucht es eine an der
Biografie der Jugendlichen orientierte Berufswegebegleitung. Dies bedeutet, dass pädagogisches Handeln vom Jugendlichen ausgehend erfolgen muss, mit dem Ziel, gemeinsam mit der/dem Jugendlichen realisierbare Bildungs- und Ausbildungsperspektiven zu entwickeln. Zum anderen sind Anforderungen gestellt durch die notwendige Vernetzung und Kooperation der Institutionen und Akteure, die im Übergangsbereich tätig sind. Keine Bildungsinstitution kann heutzutage ihre Aufgaben mehr alleine bewältigen, d.h. auf der pädagogischen Ebene ist eine multiprofessionelle Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachkräfte gefragt, und zwar innerhalb der eigenen Institutionen - als konkrete Teamarbeit - aber auch darüber hinaus im regionalen Kontext, bspw. zwischen der Lehrkraft und dem Übergangscoach.

 

An einer Stelle gehen Sie in Ihrer Darstellung explizit auf die Rolle des regionalen Bedingungsgefüges von 'pädagogischem Übergangshandeln' ein und vertiefen dies ja in den Fallstudi­en. Wie sieht hier konkret die regionale Vernetzung und Kooperation der Ak­teure beim Übergangshandeln aus und wurden die bestehenden regionalen Netzwerke auch tatsächlich operativ umge­setzt?

Die Studie bestätigt, dass das pädagogische Handeln der Fachkräfte im Übergangsgeschehen in ein regionales Bedingungsgefüge eingebunden ist und die gegebenen Rahmenbedingungen Strukturen bieten, die eine wichtige Unterstützung geben, konkret bspw. auch die Arbeit eines regionalen Bildungsbüros. Die Fallstudien an den acht ausgewählten Standorten haben gezeigt, dass regional sehr große Unterschiede bestehen, im Hinblick auf die (Aus-)Bildungs- und Arbeitsmarktsituation, aber auch bezogen auf bestehende Vernetzungsmodelle und verschieden ausge­prägte Vernetzungsstrukturen.

Interessant ist: Alle Befragten sprechen einer kommunalen Koordinierungsstelle eine hohe Bedeutung zu. Sie erwarten darüber auch eine Entlastung für sich selbst, versprechen sich Informationen in Bezug auf Fördermöglichkeiten und Bildungsangebote für die Jugendlichen sowie Kontakte, die für ihren Arbeitszusammenhang von Bedeutung sind. Sie erachten eine strategische Netzwerkarbeit im Rahmen eines Regionalen Übergangsmanagements für notwendig - gleichzeitig ist aber diese Netzwerkarbeit im pädagogischen Handeln von geringerer Bedeutung. Hier steht die bilate­rale Zusammenarbeit im Vordergrund, d.h. die pädagogischen Fachkräfte arbeiten bei konkreten Problem- und Aufgabenstellungen zusammen und bedeutet dass der Zugang zu anderen Institutio­nen über einzelne Personen hergestellt wird - damit auch weitgehend personenabhängig ist.

 

Sie identifizieren in Ihrer Studie ja die jeweils wichtige Rolle von berufsgruppenbezogenen Perspektiven und der multiprofessionellen Zusammenarbeit der pädagogischen Fachkräfte. Was ist darunter konkret für den Übergangsprozess und die Übergangsbegleitung zu verstehen und wie wirkt sich dies auf den möglichen Erfolg des Übergangsprozesses von Jugendlichen aus und wo klappt insbesondere die multiprofessionelle Zusammen­arbeit weniger oder auch nicht?

Festzustellen war, dass eine multiprofessionelle Zusammenarbeit für die Fachkräfte erst dann relevant wird, wenn sich Erfordernisse aus der eigenen Tätigkeit heraus ergeben und eine Kooperati­onsbeziehung als gewinnbringend eingeschätzt wird.

Dabei blickt jede Berufsgruppe aus einer spezifischen Perspektive heraus auf die Anderen, was sich in die Zusammenarbeit hineinträgt. Es zeigt sich, dass unterschiedliche berufliche Handlungskonzepte bestehen und bspw. Lehrkräfte und Betriebsvertreter/-innen aus einem anderen Selbst­verständnis heraus auf die jeweils andere Berufsgruppe zugehen. Es wurden hemmende und för­derliche Faktoren für die Zusammenarbeit deutlich: bspw. bestehen Barrieren zwischen den einzel­nen Berufsgruppen, durch unterschiedliche Berufskulturen und jeweils spezifischen pädagogi­schen Zielvorstellungen. Vielfach werden die anderen Institutionen als geschlossene Systeme wahrgenommen, mit einer eigenen Kultur und eigenen Kommunikationsregeln - den anderen sind diese weitgehend "fremd". Als blockierend für die Zusammenarbeit kommt hinzu, dass ungleiche (Arbeits-)Bedingungen bestehen - die von prekärer Beschäftigung bis hin zum Beamtenverhältnis reichen - und ein ungleicher Status der Kooperationspartner/-innen, die den Aufbau einer produkti­ven Zusammenarbeit erschweren.

 

Bei Ihrer Befragung der pädagogischen Fachkräfte haben diese betont, dass es in der Übergangsbegleitung wichtig ist, dass die pädagogischen Fachkräfte eine positive Hal­tung und Einstellung gegenüber den Jugendlichen und jungen Menschen einnehmen sollten, Engagement und 'Affinität' zur Übergangsgestaltung. Wie sah es mit den notwendigen Kompetenzen aus Sicht der Befragten aus und welche Dimensionen pädagogischer Professionalität sind besonders ge­fragt?

Die Studie bestätigte, dass für pädagogische Professionalität drei Dimensionen von Bedeutung sind, die gut zusammenspielen müssen: Eine Dimension ist WISSEN, das sich die Fachkräfte aneignen müssen; eine andere Dimension ist KÖNNEN, das sich herausbilden muss und eine wichti­ge Dimension ist die des Reflektierens, die gebraucht wird, um pädagogisches Handeln zu überprüfen, zu hinterfragen und Veränderungsprozesse einzuleiten. Man könnte auch sagen, RE­FLEKTIEREN ist eine Querschnittsdimension, weil sich mit ihr Haltung und Einstellung entwickelt.

Aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte erweisen sich alle drei Dimensionen als bedeutsam. Dabei beziehen sie WISSEN weitgehend auf Fachwissen: zum einen auf Kenntnisse zum Beruf und zum Bildungssystem sowie auf Kenntnisse, die im Zusammenhang mit den Jugendlichen von Be­deutung sind. Eine wichtige Frage ist: Wie tickt der/die Jugendliche? Die Dimension Können ist für die Fachkräfte nimmt einen breiten Raum ein und betrifft "Handwerkszeug", das als grundle­gend für die pädagogische Praxis bewertet wird. Gemeint sind bspw. methodisch-didaktische Kompetenzen, Diagnosekompetenz sowie Kommunikative Kompetenzen, und interkulturelle Kompetenz. Interessant ist, dass die Befragten bezogen auf die Dimension Reflektieren Kompetenzen benennen die Persönlichkeitseigenschaften betreffen. Von allen wurde eine entspre­chende Haltung und Einstellung den jungen Menschen gegenüber - Empathie, Authentizität, Wert­schätzung - als essentiell für pädagogisches Übergangshandeln herausgestellt und direkt mit ei­ner "Affinität" zur Übergangsgestaltung verbunden, die die Akteure mitbringen sollten. Gleichzeitig werfen sie in den Interviews die Frage auf, wie diese Kompetenzen von ihnen erworben werden können.

 

Sie gehen davon aus, dass am Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine Berufsausbildung nach wie vor zentrale soziale Selektionsprozesses besonderer Art stattfinden und damit die Übergangsgestaltung nach wie vor eine große bildungspolitische und pädagogische Her­ausforderung darstellt. Was läuft hier an Prozessen ab und kann man nicht davon ausgehen, dass aufgrund der demografischen Entwicklung und einer in letzter Zeit bundesweiten Entspannung auf dem Ausbildungsstellenmarkt sich hier weniger Probleme auftun?

Die Bildungsberichterstattungen der letzten Jahre zeigen, dass am Übergang von der allgemein bildenden Schule in eine Berufsausbildung soziale Selektionsprozesse besonders ausgeprägt sind: nach schulischer Vorbildung, nach Geschlecht, nach Migrationshintergrund bzw. Staatsangehörigkeit und Region. Auf Grund der demografischen Entwicklung und einer bundesweiten Ent­spannung auf dem Ausbildungsstellenmarkt gingen die Anfängerzahlen bei den Maßnahmen des Übergangsbereichs zwar kontinuierlich zurück. Prognosen kennzeichnen jedoch eine stabile Ent­wicklung. Es wird angenommen, dass der quantitative Rückgang eher eine Zielgruppenverschie­bung innerhalb der Bildungsangebote zur Folge hat, d.h. der Anteil von Jugendlichen mit Förderbe­darf relativ zunehmen wird.

Hinzu kommt, dass sich die bundesweite Entspannung auf dem Ausbildungsstellenmarkt regional sehr unterschiedlich darstellt. Problemregionen stellen bspw. westdeutsche Ballungszentren dar. Wegen eines konstatierten Facharbeitermangels wird zunehmend der Umgang mit heterogenen Lerngruppen diskutiert, gemeint ist: die individuellen Potenziale der jungen Menschen positiv aufzugreifen und adäquate Konzepte dafür zu entwickeln. Grundlegend für die Neugestaltung des ge­samten Übergangsbereichs, ist der Aufbau kohärenter Förderstrukturen in einem regionalen Über­gangsmanagement und damit verbunden ist eine frühzeitige Berufsorientierung, der Aufbau von Bildungsketten und eine individuelle Bildungsbegleitung der jungen Menschen auf ihrem Weg in den Beruf - dies sind wichtige bildungspolitische Leitlinien.

 

Bei den Ergebnissen des von Ihnen durchgeführten Forschungsprojektes haben Sie sich bei der Darstellung auf vier zentrale Aussagebereich konzentriert und dabei spielt, wir haben es schon kurz angesprochen, das regionale Bedingungsgefüge als Handlungsrahmen eine wichtige Rolle. Und Sie haben dargestellt, dass die Akteure für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in der Übergangsgestaltung die Kooperation in Netzwerken ansehen. Wie müssen wir uns in Deutschland dieses Bedingungsgefüge in regionaler Hinsicht vorstellen und was sind die speziellen Anforderun­gen, die hieraus für das pädagogische Fachpersonal bei der Begleitung der Übergänge der Ju­gendlichen resultieren?

Eine gute Zusammenarbeit der Akteure, eine bessere Abstimmung von Bildungsangeboten und das Herstellen von Transparenz sollen dazu beitragen, die Situation am Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung zu verbessern. Deshalb fordert der Aufbau und die Gestaltung eines Re­gionalen Übergangsmanagements die Kooperation und Vernetzung der aller regional beteiligten Bildungsinstitutionen und der pädagogischen Fachkräfte. Neu ist - und gleichzeitig typisch - für die Zusammenarbeit in einem Regionalen Übergangsmanagement ist, dass neben den "üblichen" Partnerinnen und Partnern (z.B. Schule, Bildungsdienstleister) "neue" Partner hinzukommen, wie beispielsweise Gewerkschaften, Kirchen oder auch Migrantenselbstorganisationen (MSO), die Lobbyisten unterschiedlicher Zielgruppen.

Das ist nicht einfach: Deshalb sind hier Konzepte notwendig, die den Nutzen einer Zusammenar­beit für alle Beteiligten nachvollziehbar machen und eine "Win-win-Situation" herstellen. Dabei darf nicht außer Acht bleiben, dass die Zusammenarbeit auch davon geprägt wird, dass jede Institution auf einer eigenen Handlungslogik aufbaut und unterschiedliche gesetzliche Grundlagen bestehen. Hinzu kommt, dass jede Profession andere Zugänge zum Handlungsfeld und zur Zielgruppe mit­bringt - unabhängig davon muss jede Institution ihren jeweils spezifischen Auftrag erfüllen. Der Koordinierung und Steuerung kommt eine besondere Bedeutung zu.

 

Sie stellen hier ja dar, dass die vier pädagogischen Fachkräftegruppen ihr je eigenes Verständnis von einem fachlichen und Netzwerk zur Übergangsgestaltung haben. Uns interessiert da­bei noch insbesondere die Gruppe der AusbilderInnen und BerufsschullehrerInnen und vielleicht könnten Sie zu deren Auffassung uns noch einige Details darstellen.

Auch in den Einzelinterviews bestätigt sich, dass alle Berufsgruppen Netzwerkarbeit für "unverzichtbar" halten, weil sie ihr die Aufgabe geben, vor allem für (bildungs-)benachteiligte Jugendliche die Möglichkeiten herzustellen, damit sie in eine betriebliche Berufsausbildung einmünden können.

Auch die Lehrkräfte der beruflichen Schule betonen, dass ein Netzwerk konkret für die pädagogi­sche Arbeit mit den Jugendlichen genutzt werden sollte. Geäußert wird der Wunsch, durch eine Netzwerkarbeit einer bestehenden Stigmatisierung der Jugendlichen entgegen zu wirken. Eine Berufsschullehrerin drückt dies so aus: "Die kriegen jahrelang erzählt, das können sie nicht, jenes können sie nicht, und die sind eigentlich komplett demotiviert und haben das Gefühl, sie sind kom­plett Verlierer auf der ganzen Strecke. Und durch Partner, die alle an einem Strang ziehen, könnte man das schon bewegen." Deshalb halten die am Übergangsgeschehen beteiligten Institutionen ein stärkeres Hand-in-Hand-Arbeiten für sinnvoll.

Die Ausbilder/-innen verfolgen als Vertreter von Betrieben zunächst Eigeninteressen: Fachkräfteakquise, Verbesserung von Abstimmungsprozessen und Inanspruchnahme von Unterstützungs­strukturen stehen im Vordergrund - gleichwohl wird auch eine soziale Verantwortung herausge­stellt. In der Regel bezieht sich ihre Netzwerkarbeit auf die unmittelbaren Partner/-innen der dualen Berufsausbildung: die Kammern, die Innungen, andere ausbildende Betriebe und die Berufsschu­len. Die Bildungsdienstleister spielen dann eine Rolle, wenn sie die sozialpädagogische Betreuung von "schwierigen" Jugendlichen oder auch Teilaufgaben der Ausbildung übernehmen, bspw. das erste Ausbildungsjahr in den dortigen Lehrwerkstätten stattfindet. Die Zusammenarbeit mit den Schulen ist hauptsächlich auf die berufliche Schule gerichtet - sie stellt für die Betriebe einen "na­türlichen" Partner der dualen Berufsausbildung dar. Die Zusammenarbeit mit der allgemein bilden­den Schule findet im Sinne einer Akquise von Auszubildenden im Rahmen der Berufsorientierung und bei der Durchführung von Praktika statt. Die Netzwerkarbeit scheint weniger systematisch und strukturiert aufgebaut zu sein - häufig wird auch von "Beziehungen" gesprochen, die die Abspra­chen untereinander erleichtern.

 

Ohne Zweifel benötigt der Prozess des Übergangs von der allgemeinbildenden Schule in den Betrieb und die Berufswelt  eine (weitere) Professionalisierung der hier täti­gen Fachkräfte, sie sind, wie Sie sagen, der 'Schlüssel' zur Gestaltung von auch veränder­ten Prozessen des Über­gangs. Und Sie haben als Gründe die   Ausdifferenzierung von Tätigkeiten, Fähigkeit zur Selbstre­flexion und eine 'neue Qualität' angesprochen. Sicher können Sie uns das auf dem Hintergrund des Wandels der Professionalität und den nöti­gen Kompetenzen für pädagogisches 'Übergangs­handeln' noch näher erläutern.

Die strukturbildenden Initiativen - wie sie bspw. durch Programme des Bundes oder der Länder eingeleitet wurden - brachten notwendige Veränderungen am Übergang von der Schule in den Beruf und in die Arbeitswelt auf den Weg; allerdings standen dabei nicht die pädagogischen Fachkräf­te im Mittelpunkt. Ihr professionelles Handeln wird allerdings zu einem Schlüssel in diesen Verän­derungsprozessen, weil die Fachkräfte diejenigen sind, die in den Strukturen tätig werden und Übergänge mit ausgestalten.

Die Befunde der vorliegenden Studie verweisen darauf, dass die Haltung und Einstellung der pädagogischen Fachkräfte eine Voraussetzung für ihr pädagogisches Übergangshandeln darstellt und ihre Überzeugungen auch Auswirkungen auf die multiprofessionelle Zusammenarbeit haben. Be­stätigt hat sich, dass die Fähigkeit zur Selbstreflexion eine zentrale Dimension von pädagogischer Professionalität ist: bedeutsam ist, WISSEN zu erwerben, KÖNNEN herauszubilden und Reflektieren als Querschnittsdimension zu behandeln, um die Haltung und Einstellung der pädagogischen Fachkräfte für pädagogisches Handeln herauszubilden. Dafür braucht es Fortbil­dungskonzepte, die immer auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Person beinhalten sowie die eigenen Wahrnehmungen und Interpretationen zum Gegenstand haben. Darüber hinaus wird eine professionen- und institutionenübergreifende Fort- und Weiterbildung vorgeschlagen, die in regionalen Handlungskonzepten zu verankern ist, um gemeinsame Erfahrungsräume für die unter­schiedlichen Fachkräfte zu eröffnen.

 

----------------------------------------------------

..zum Weiterlesen:   Ursula Bylinski: Gestaltung individueller Wege in den Beruf. Eine Herausforderung an die pädagogische Professionalität. W. Bertelsmann Verlag GmbH&Co. KG, Bielefeld 2014 (ISBN 978-3-7639-1165-3; ISBN E-Book: 978-3-7639-5359-2)

       


Wer ist Ursula Bylinski?

Frau Dr. Ursula Bylinski ist Erziehungswissenschaftlerin (Erwachse­nenbildung, Berufspädagogik), seit 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundesinstitut für Be­rufsbildung, Arbeitsbereich: Qualität, Nachhaltigkeit, Durchlässigkeit. Arbeitsschwerpunkte bzw. Forschungsarbeiten zum Übergang Schule-Berufsausbildung, berufliche Integrationsförderung/In­klusion, Professionalisierung des Bildungspersonals.
Berufliche Tätigkeit u.a. in einer Ausbildungseinrichtung, als wissenschaftliche Mitarbeit in einem bundesweittägigen Fortbildungsinstitut und an der Universität Hannover, Institut für Berufspädagogik.

Angemeldete Benutzer können hier ein Kommentar hinterlassen

Ausbildung

Links und Zusatzinformationen
Servicebereich