Dual Studierende zu Lockdown-Zeit
"Wir wurden vergessen"
Der Semesterstart gehört zum Oktober, wie die gelben Blätter. Über drei Millionen Studierende starten auch dieses Semester wieder an den Universitäten und Hochschulen - über 100 000 von ihnen machen ein duales Studium. Mit dem neuen Semester beginnt für viele von ihnen endlich - zumindest teilweise - die Rückkehr in den Präsenzunterricht. In die Betriebe können viele dual Studierende immer noch nicht ganz zurück. Und auch sonst zeigt sich: 65 Prozent der dual Studierenden sagen in der von der IG Metall durchgeführten Jugendstudie, dass sich ihre Studiensituation verschlechtert hat.
Bei Regelungen außen vor gelassen
Magdalena hat fast ihren gesamten Master zuhause verbracht. Die Uni hat sie seit der Ausbreitung der Coronapandemie nur für Prüfungen von innen gesehen. Auch der Praxisbezug hat sich für die dual Studierende aus Regensburg stark verändert. "Ich bin während des Lockdowns in eine neue Abteilung gekommen. Früher hat man auch bei so einem Wechsel schnell neue Leute kennengelernt. Dieses Mal saß ich alleine im Homeoffice und der einzige Kontakt war zu meinem Betreuer, der mir schriftliche Aufgaben gegeben hat." In der Jugendstudie, an der Magdalena auch teilgenommen hat, sagen 38 Prozent der befragten dual Studierenden, dass sich ihre Arbeitssituation im Betrieb verschlechtert hat.
Am schlimmsten war für sie und ihre Freunde das Gefühl, vergessen zu werden - von den Vorgesetzten im Betrieb und von der Politik. "Es gab in der Firma häufig Beschlüsse zum Gesundheitsschutz oder der Arbeit unter Pandemiebedingungen", erzählt Magdalena. "Dann wurde auch verkündet, was für Azubis gilt." Aber bei Nachfragen, ob das auch für dual Studierende gelte, habe sich meist herausgestellt: "Die Vorgesetzten hatten gar nicht erst daran gedacht, sich darüber Gedanken zu machen. Wir wurden einfach vergessen." Die IG Metall setzt sich für die dual Studierenden in den Betrieben ein. "Dual Studierende und Auszubildende müssen die gleiche Aufmerksamkeit bekommen und im Betrieb endlich gleichgestellt werden. Sowohl rechtlich als auch in unseren Tarifverträgen", sagt Stefanie Holtz, Bundesjugendsekretärin der IG Metall.
Rechtliche und tarifliche Gleichstellung
Trotz alledem hat Magdalena das Gefühl, noch Glück gehabt zu haben. Die Jugend- und Ausbildungsvertreterin hat im Kontakt mit den Werkstudierenden oder auch mit Studierenden, die einen Minijob hatten, gesehen, wie schnell die finanzielle Grundlage weg sein kann. "Eine Freundin von mir musste wie viele andere auch wieder zu ihren Eltern ziehen. Das war schlimm für sie, weil es sich wie ein Rückschritt angefühlt hat und sie ein Stück weit ihre Selbstständigkeit wieder aufgeben musste." Magdalena hat auch im Homeoffice ihr Gehalt weiter ausgezahlt bekommen. Während bei der Jugendstudie nur vier Prozent der dual Studierenden angaben, dass ihnen die Finanzierung des Studiums während der Coronapandemie zusetzten, stimmten 35 Prozent der Studierenden der Aussage zu, dass ihnen die Finanzierung während des Studiums Probleme bereits.
Die IG Metall Jugend fordert gemeinsam mit dem DGB einen elternunabhängigen Grundbetrag des BAföG und erhöhten Freibeträgen für die Elterneinkommen - damit unter anderem Studierende nicht mehr solchen finanziellen Risiken ausgesetzt sind. Außerdem fordert die IG Metall die rechtliche und tarifliche Gleichstellung von dual Studierenden sowie eine Übernahmegarantie. Ausbildung besser und mehr - so lautet die aktuelle IG Metall Jugendkampagne für eine bessere Ausbildungsqualität und für mehr Ausbildungsplätze. Einen tariflichen Teilerfolg hat die IG Metall dieses Jahr schon erzielt: viele dual Studierende sind nun mit etwas abweichenden Regelungen in den Bezirken an die Tarifvertäge gebunden.
(Quelle IGM)