Am 26 Mai ist Europawahl
Studieren links und rechts der Oder
"Dass die Viadrina "Europa-Universität" heißt, ist kein Zufall, sondern Programm. In ihrer Satzung heißt es, dass sie die internationale Kooperation in Forschung und Lehre ausbauen und die Beziehung zu Osteuropa stärken will. Knapp 25 Prozent der 6500 Studenten kommen aus dem Ausland, mit sechs Prozent stammt der relativ größte Teil aus Polen. Die Universität profitiert von der EU: Das Collegium Polonicum wurde mit Mitteln des "Interreg-Programms" der EU kofinanziert, mit dem Grenzregionen gefördert werden. Im Nachbarland regiert seit vier Jahren die nationalkonservative PiS-Partei, die zwar die EU nicht direkt ablehnt, in ihrer Regierungspolitik aber einen betont nationalen Kurs fährt und sich gegen eine weitere Integration in die EU stellt. Isabelle Blume, die seit einer transnationalen Ausbildung bei der Deutschen Bahn Polnisch spricht, sagt: "Man merkt, dass die Dinge nicht mehr selbstverständlich sind. Vor drei Jahren habe ich gedacht, die Briten werden doch nicht so blöd sein, die EU zu verlassen. Sie haben dann doch dafür gestimmt. Und in polnischen Medien taucht viel mehr Europaskepsis als früher auf. Man sorgt sich, was für Auswirkungen die derzeitige Politik der polnischen Regierung hat."
Ralf Richter ist Abteilungsleiter der Studienförderung der Hans-Böckler-Stiftung und kennt die Situation der Hochschulen in Europa. Dass die politische Großwetterlage und ein möglicher Wahlerfolg EU-skeptischer und -feindlicher Parteien bei den Europawahlen im Mai eine Gefahr für das zusammengewachsene Hochschuleuropa sein könnten, glaubt er nicht: "Eine konkrete Bedrohung sehe ich noch nicht, wohl aber eine spürbare Beeinträchtigung." Dazu zählt er die Hochschulpolitik rechtsnationaler Regierungen. "Das bekannteste Beispiel ist der Umgang der ungarischen Regierung mit der privat finanzierten Central European University in Budapest, die nun wohl nach Wien emigrieren wird", sagt Ralf Richter. "Dabei machen Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei auch nicht vor altehrwürdigen Institutionen wie der Ungarischen Akademie der Wissenschaften Halt. Sie gilt als eine der letzten Bastionen freier, unabhängiger Forschung in Ungarn. All das macht große Sorgen, dennoch würde ich nicht ins Horn der Untergangsbeschwörer stoßen wollen." Unter den Böckler-Stipendiaten sind Universitäten osteuropäischer Staaten unverändert nachgefragt, allerdings spielen sie im Vergleich zu anderen Regionen traditionell eine geringere Rolle."
(Quelle: HBS | Magazin Mitbestimmung Ausgabe 02/2019)