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Interview

Bildungsteilzeit betrifft uns alle

14.11.2014 Ι 20 000 demonstrierten beim IG Metall-Jugendaktionstag Ende September für bessere Bildung und Bildungsteilzeit. Wie geht es jetzt weiter? Dazu sprachen wir mit Eva Wohlfahrt, die ehrenamtlich im Jugendausschuss der IG Metall arbeitet.

20 000 waren beim Jugendaktionstag in Köln. Du hast ja am Hans-Böckler-Platz moderiert. Wie sahdas vonderBühneaus? Eva Wohlfahrt: Das war überwältigend. Der Platz war voll. Und es kamen immer mehr und noch mehr, alle mit unseren T-Shirts und Sonnenbrillen, mit Bannern undPlakaten. Ich habe viele in der Menge erkannt. Das war ein großes Zusammentreffen. Und auch unsere Azubis von Bosch Rexroth erzählen davon: Wir haben Köln gerockt. Das war richtig cool.


Hättest Du erwartet, dass so viele kommen?


Wohlfahrt: Im Vorfeld nicht. Das haben wir vor Ort und im Jugendausschuss eher kritisch eingeschätzt. Wir hatten mit der »Revolution Bildung« [Kampagne der IGMetall Jugend, die Redaktion] ja relativ wenig Vorlauf. Aber dann sind die Anmeldungen Anfang September wahnsinnig nach oben gegangen und wir bekamen schon Muffensausen: Haben wir genug Tickets und Busse? Bei uns im Betrieb mussten wir kaum Werbung machen. Viele sind von sich aus zu uns gekommen und wollten mit.


Waren die 20 000 wirklich wegen der Inhalte in Köln dabei? Oder ging es den meisten eher um die Party und die Bands?


Wohlfahrt: Klar haben Bands wie Marteria etwas ausgemacht. Aber der Großteil hatte einfach Bock, für unsere Bildung auf die Straße zu gehen. Weil wir unsere Forderungen ja auch gemeinsam entwickelt haben. Bei uns im
Betrieb etwa haben wir uns oft getroffen und unsere Forderungsansätze an Metaplanwänden diskutiert. Und die Azubis haben viel Kritik, Bedenken und Ideen formuliert. Ihr Engagement hat mich schon erstaunt. Auch die dual Studierenden, die wir sonst nicht so zu Gesicht bekommen, waren stark daran beteiligt. In anderen Betrieben lief das ähnlich.

 

Bildung und Weiterbildung ist also für alle ein zentrales Thema. Woran liegt das?


Wohlfahrt: Unsere Azubis und jungen Beschäftigten wissen, dass sie Weiterbildung brauchen, um eine höherwertige und sicherere Arbeit mit Zukunft zu bekommen. Und sie merken einfach, dass wir dazu verbindliche Regelungen
brauchen. Weil sie selbst immer wieder an Hürden stoßen. Viele müssen etwa für ihren Meister oder Techniker kündigen, weil sie keine Freistellung von ihrem Betrieb bekommen. Vieles hängt davon ab, wie die aktuelle Lage ist.
Besonders schwer wird es bei Weiterbildung, die der Betrieb nicht unmittelbar verwerten kann.

 

Das heißt, Eure Forderung nach Bildungsteilzeit kommt direkt von den Azubis und Studierenden in den Betrieben?


Wohlfahrt: Richtig. Die Ergebnisse von vor Ort haben wir im Bezirksjugendausschuss weiter im Detail bearbeitet. Die Vorschläge haben wir dann wieder vor Ort aufgenommen und weiter diskutiert. Bis am Ende die Finanzierung
und Freistellung für Weiterbildung als zentrales Thema feststand. Darüber haben wir dann seit Frühjahr mit der Tarifkommission geredet - auch über die Möglichkeiten zur Umsetzung im Tarifvertrag - und sie davon überzeugt, die Bildungsteilzeit als Forderung zu diskutieren.


Was hat der Jugendaktionstag in Köln bewirkt? Und wie geht es jetzt weiter?


Wohlfahrt: In Köln haben uns viele Passanten angesprochen, die unsere Kampagne gutfinden. Auch in den sozialen Medien »liken« uns Leute, die eigentlich nichts mit der IG Metall zu tun haben. Wir haben unsere Forderungen
in die Öffentlichkeit gebracht. Unsere Azubis, Studierenden und jungen Beschäftigten wissen, worum es geht. Doch bei unseren älteren Beschäftigten ist das noch nicht so angekommen. Die müssen wir auch alle mitnehmen.

 

Alle für die Bildungsteilzeit mitnehmen - wie kann das funktionieren?


Wohlfahrt: Der großen Mehrheit ist klar, dass wir bei der Weiterbildung etwas tun müssen. Das zeigt unsere große IG Metall-Beschäftigtenbefragung vom letzten Jahr. Wir müssen klar machen, dass Zeit und Geld für Weiterbildung nicht nur die Jungen betrifft, die gerade ausgelernt haben, sondern alle. Zum Beispiel die An- und Ungelernten. In den Betrieben wird sich einiges ändern, etwa mit der Industrie 4.0, was mehr Qualifikation erfordert. Aber auch ältere
qualifizierte Beschäftigte, die sich neu orientieren und nochmal etwas anderes machen wollen.

 

Was werdet Ihr als IG Metall Jugend nun machen? Wird es weitere Aktionen geben?


Wohlfahrt: Klar wird es weitere Aktionen geben. Bei uns Bayern wandert gerade eine Flaschenpost unter dem Motto »Wir treiben Bildung nach vorne« mit unseren Forderungen durch die Betriebe. Dort können alle auch noch einmal Ideen dazustecken. Zur Metall-Tarifrunde wird es noch eine ganze Reihe Aktionen geben. Da entwickeln wir gerade Ideen, die ich aber noch nicht verraten kann. Im nächsten Jahr wollen wir auch unsere gesellschaftspolitischen Forderungen vorantreiben: ein neues Weiterbildungsgesetz und eine bessere BAföG-Studienförderung. Aber erst einmal haben wir mit derMetall-Tarifrunde ein klares Ziel vor Augen.


Was erwartet Ihr von der Metall-Tarifrunde? Wird die Bildungsteilzeit kommen?


Wohlfahrt: Auch da will ich nicht den Tarifkommissionen und den Tarifverhandlungen vorgreifen. Aber ich bin sicher, dass wir einen Schritt in die richtige Richtung schaffen werden.

 

Eva Wohlfahrt ist seit Mai Betriebsrätin bei Bosch Rexroth in Schweinfurt und Mitglied im Bundesjugendausschuss der IG Metall. Im Bezirk Bayern ist sie Vorsitzende des Bezirksjugendausschusses und Mitglied der Tarifkommission.

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