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Interview zum hessischen Bildungsgipfel

Hessische Landesregierung steht vor bildungspolitischen Scherbenhaufen

24.07.2015 Ι Der Bildungsgipfel in Hessen ist gescheitert. Angekündigt hatte die Landesregierung den Gipfel, um nachhaltig für einen Schulfrieden zu sorgen. Am Ende steht sie nun vor einem Scherbenhaufen. Eltern, Schüler, Opposition und Gewerkschaften haben das Abschlusspapier nicht unterzeichnet. Matthias Körner vom DGB Hessen erklärt uns warum.

Welche Ziele hat die Landesregierung mit dem Bildungsgipfel verfolgt?

 

Man muss sehen, dass in Hessen der Streit um die Bildungspolitik immer sehr erbittert geführt wurde. Dabei ging es im Kern immer um die Frage, wie lange Kinder im gemeinsamen nicht leistungsdifferenzierten Unterricht verbleiben. Die Debatte wurde stellenweise mit heftigsten Anwürfen untereinander geführt. "sozialistische Einheitsschule" und Selektion waren da die Begriffe. Mit der ersten schwarz-grünen Koalition in Hessen, mussten sich nun Protagonisten zusammenraufen, die ursprünglich aus gegenüberliegenden Lagern kamen. Die Grünen hatten den Begriff des Schulfriedens sogar im Landtagswahlkampf plakatiert. Wahrscheinlich wollte man mit dem Bildungsgipfel tatsächlich die Lager ein wenig versöhnen. Als Bonbon hätte man sich sogar als Friedensstifter in einem jahrzehntelangen Streit darstellen können, der auch aus unserer Sicht nicht immer zum Wohle der Kindern und Eltern ausgegangen ist.

 

Mit welchen bildungspolitischen Zielen ist der DGB in die Gespräche gegangen?

 

Wir hatten im Grunde drei Ziele: Wir wollten wenigstens Ansätze zur Entkoppelung des in Hessen sehr stark ausgeprägten Zusammenhangs zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft sehen - das wäre aus unserer Sicht unmittelbar mit Maßnahmen zum längeren gemeinsamen Lernen verbunden. Das Thema "Ganztagsschulen" ist ohnehin in der Debatte - hier hatten wir klare und entschlossene Schritte erwartet. Die konkreten Schritte zur Verwirklichung echter Inklusion waren ein weiteres Wunschthema. Schließlich ging es uns noch um die Erleichterung des Hochschulzugangs für Menschen mit Berufsqualifikation. Eigentlich hat der Gipfel nur beim Hochschulzugang für Berufsqualifizierte einen Akzent gesetzt.

 

Was müsste in Hessen geschehen, damit das Schulsystem durchlässiger und gerechter Würde?

 

Gerade der konservative Teil der Bildungspolitiker, hält noch immer an einem stark gegliederten Schulsystem fest. Dabei geht es vor allem um das reine Gymnasium ab der Klassenstufe fünf. Die unzähligen anderen Schulformen existieren vor allem, um diesen Bestand der Gymnasien nicht angreifen zu müssen. Eine durchlässigere Schullandschaft ist nur zu haben, wenn man die Gymnasien wenigstens stellenwiese infrage zu stellen bereit ist.

 

Wie beurteilt der DGB die Ergebnisse?

 

Was als Gipfel gestartet ist, hat bestenfalls als eine lose Aneinanderreihung von Vorschlägen aus den Arbeitsgruppen geendet. Diese sind zum großen Teil sehr enttäuschend - in manchen Feldern sind sie unter den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags geblieben. Im Handlungsfeld der beruflichen Bildung wurde einiges erreicht. Die angestrebte Erleichterung des Hochschulzugangs nach einer Berufsausbildung scheint mir bemerkenswert.

 

Wie kann es jetzt weiter gehen?

 

Zunächst mal sind im Rahmen des Gipfels Gesprächsfäden etwa zwischen den Gewerkschaften, den SchülerInnenvertretungen, den Elternverbänden und anderen Gruppen entstanden, die auf Dauer sehr wertvoll sein können. Das war sicher nicht die Absicht der Landesregierung - nützlich ist es dennoch. Auf der anderen Seite ist ja die Landesregierung nicht davon abgehalten, Anregungen aus dem Gipfel jetzt umzusetzen, ohne dass es die große Unterzeichnungszeremonie gegeben hätte. Ich glaube keiner der Gipfelteilnehmer will sich Gesprächsangeboten entziehen, wenn sie seitens der Landesregierung einen ernsthaften Veränderungswillen erkennen lassen

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