TTIP
Freihandelsabkommen macht auch vor Bildung nicht halt
Die Verhandlungen um TTIP werden von den Gewerkschaften kritisiert, weil sie weitreichende Gefahren der Verschlechterung der Arbeitsbeziehungen in sich tragen und weil sie intransparent geführt werden. Nicht nur die Verhandlungen um die Inhalte des Vertragswerkes, auch das intransparente und an der Justiz vorbeilaufende Schiedssystem zum Schutz getätigter Investionenen drohen rechts- und sozialstaatliche Grundsätze auszuhöhlen.
Die IG Metall hat zu TTIP hat eine Reihe von Forderungen erhoben. So werden die umfassende transparente und demokratische Beteiligung der Parlamente und der Zivilgesellschaft gefordert, klare, verbindliche und durchsetzbare Regelungen zum Schutz und zum Ausbau von Arbeitnehmerrechten und von Sozial- und Umweltstandards. Die geplanten Regelungen zum Investitionsschutz werden abgelehnt, soweit sie zu einer Benachteiligung von Arbeitnehmerrechten führen könnten. Überdies darf das Abkommen "nicht zu einer Liberalisierung oder Privatisierung öffentlicher Bereiche - insbesondere öffentlicher Dienstleistungen - führen oder Reregulierungen behindern".
Die vollständige Position und weitere Informationen zu TTIP findet man unter: www.igmetall.de/ttip-transatlantisches-freihandelsabkommen-zwischen-der-eu-und-13347.htm
Die Europäische Kommission hat verlauten lassen, dass öffentliche Bildung von TTIP nicht erfasst werden soll. Es gibt dennoch Hinweise, die zumindest in der Weise aufgenommen werden sollten, dass die Verhandlungen sehr aufmerksam verfolgt werden sollten.
Das DGB-Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzel macht in einem Beitrag für die "Gegenblende" (Juli/August 2014) auf die Gefahren für die öffentlichen Dienstleistungen aufmerksam. Er schreibt:
"Öffentliche Dienstleistungen und Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge dürfen überhaupt nicht in die TTIP-Diskussion einbezogen werden. Zu groß ist die Gefahr, dass dadurch der Privatisierungsdruck wächst, der breite öffentliche Zugang zu diesen Gütern und Dienstleistungen erschwert und deren Qualität gemindert wird. Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, soziale Dienste, aber auch Wasserversorgung, Postdienstleistungen oder der öffentliche Nahverkehr dürfen nicht Gegenstand der Verhandlungen sein."
Matthias Holland-Letz, ein renommierter Journalist, der u.a. für die GEW die "Privatisierungsreports" schreibt, stellt in einem Beitrag für die GEW den notwendigen Zusammenhang zu GATS her. Bereits in den GATS-Verhandlungen - die EU hat das GATS-Abkommen 1994 unterzeichnet - spielten die öffentlichen Dienstleistungen eine nicht unerhebliche Rolle. GATS erlaubt beispielsweise außereuropäischen Unternehmen, privat finanzierte Hochschulen in der EU zu gründen. Gestattet sind auch grenzüberschreitende (Internet-) Angebote global agierender Bildungskonzerne.
Noch gilt der sog. Subventionsvorbehalt, der es diesen Firmen versagt, die gleiche finanzielle Unterstützung einzuklagen wie sie z.B. ein nationales staatliches Bildungssystem aus öffentlichen Geldern erhält. Allerdings hat auch schon GATS trotz Subventionsvorbehalt die Grenzen zwischen öffentlicher und privater Bildung weiter verwischt, weil staatliche Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen als "Subvention", d.h. im Grunde als Wirtschaftsgut behandelt werden.
In einer neuen Veröffentlichung der Hans-Böckler-Stiftung zu den sozialen und ökonomischen Folgen von TTIP kommen Stefan Beck und Christoph Scherrer zu dem Schluss, dass die Gefahr, dass auch öffentliche Dienstleistungen in den Verhandlungsprozess einbezogen werden können, keinesfalls von der Hand zu weisen ist. Sie machen darauf aufmerksam, dass private amerikanische und britische Hochschulen ein starkes Interesse haben, nach und in Europa zu expandieren. Die Autoren thematisieren insbesondere die negativen Beschäftigungseffekte, die mit dem Vordringen ausländischer Anbieter beispielsweise über den Internetmarkt verbunden sein können. Davon könnte der Bildungsbereich überdurchschnittlich betroffen sein.
Die Kritik an TTIP darf nicht die Augen vor anderen Verhandlungen verschließen. Die Süddeutsche Zeitung meldete am 06. August, dass das Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der EU fertig sei. Noch ist das Papier im Umgang von 1500 Seiten geheim. Bis September sollen die Mitgliedsstaaten der EU eine Möglichkeit haben, das Vertragswerk zu kommentieren. Ob die Öffentlichkeit beteiligt wird, ist unklar. Umstritten ist von deutscher Seite das geplante Investitionsschutzabkommen. Zu den Themen des Abkommens gehört u.a. die Regelung der gegenseitigen Anerkennung der Berufsabschlüsse.
Verhandelt wird derzeit auch über TiSA (Trade in Services Agreement). Daran sind 23 Staaten bzw. Staatengemeinschaften beteiligt, u.a. die USA und die EU. TiSA soll GATS ablösen. Andreas Zumach hat TiSA im April 2014 in der TAZ wie folgt kommentiert: "Öffentliche Dienstleistungen zur Gesundheits-, Wasser- und Energieversorgung, bei der Bildung, im Finanzsektor sowie in allen anderen Bereichen sollen über das in den letzten 20 Jahren erreichte Ausmaß dereguliert und internationaler Konkurrenz ausgesetzt werden."
So ist u.a. geplant, die Rekommunalisierung von Dienstleistungen zu verbieten. Was dem Markt zugeführt wurde soll auf Dauer privat bleiben.