IG Metall
„WAP” das Berufsbildungsportal
WAP - Springe direkt:
Inhalt
     
Pruefen_Aktuell

Variantenmodell bei gestreckten Abschlussprüfungen

Die Qual der Wahl

24.03.2017 Ι In den anerkannten Ausbildungsberufen sind während der Berufsausbildung (BA) von dem/der Auszubildenden (Azubi) Prüfungen abzulegen. Die erste abzulegende Prüfung ist die Zwischenprüfung, die vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres stattfinden soll und dazu dient, den Ausbildungsstand des/der Auszubildenden zu ermitteln. Die zweite abzulegende Prüfung ist die Abschlussprüfung (AP), die an die Zwischenprüfung anknüpft und am Ende der Berufsausbildung von dem/der Auszubildenden abgelegt wird.

Die Abschlussprüfung bei den Berufen der Industriemechanik wurde im Juli 2003 wie folgt beschrieben: 

"Die Abschlussprüfung erstreckt sich unter Berücksichtigung der Rechtsverordnung darin, dass die definierten Fertigkeiten und Kenntnisse so vermittelt werden, dass der/die Auszubildende zu einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit befähigt wird. Insbesondere werden hier selbstständiges Planen, Durchführen sowie Kontrollieren einbeschlossen.

 

Die ermittelten Leistungen der Abschlussprüfung werden im Prüfungszeugnis der IHK dokumentiert. Dabei werden die Leistungen der Zwischenprüfung jedoch nicht berücksichtigt. Dieses allgemein bekannte Prüfverfahren veranlasste daher die Bildungsverantwortlichen zu dem Schritt das Prüfungssystem zu reformieren und neu zu gestalten.

 

Seit dem Jahr 2002 werden sogenannte gestreckte Abschlussprüfungen in den Ausbildungsordnungen verankert. Anschließend wurde 2005 das Berufsbildungsgesetz (BBiG)  novelliert und neue Regelungen wurden beschrieben. Seit Sommer 2009 wurde dann auch im kaufmännischen Bereich erstmals die gestreckte Abschlussprüfung in den entsprechenden Ausbildungsordnungen festgeschrieben.

Diese Neugestaltung der Berufsausbildung erfordert dementsprechend auch eine neue Form der Abschlussprüfung, mit dem die Prüfungsstruktur verändert und neu festgelegt wurde.

Hier am Beispiel von gewerblich-technischen Ausbildungsberufen und des Berufes Kaufmann/frau für Büromanagement.

 

Teil 1 der gestreckten Abschlussprüfung

Die Zwischenprüfung wird ersetzt durch den Teil 1 der gestreckten Abschlussprüfung. Die gestreckte Abschlussprüfung 1 (AP 1) umfasst eine komplexe Arbeitsaufgabe einschließlich integrierter schriftlicher Aufgabenstellungen und je nach Beruf auch situativer Gesprächsphasen. Prüfungsgegenstand bei den Metall- und Elektroberufen sind in dem Teil die Ausbildungsinhalte der ersten 18 Monate, bei den Kaufleuten für Büromanagement sind es die Open-Office-Kenntnisse, wie Word und Excel. Die AP 1 soll bis spätestens zum Ende des zweiten Ausbildungsjahres abgelegt sein.

 

Teil 2 der gestreckten Abschlussprüfung

Der Teil 2 der Abschlussprüfung erfolgt zum Ende der Ausbildung mit den Prüfungsbereichen Arbeitsauftrag, Auftrags- und Funktionsanalyse, Fertigungstechnik und Wirtschafts- und Sozialkunde bzw. bei den Kaufleuten Themen zu ihren Wahlqualifikationen.

Für diesen Teil der Abschlussprüfung werden folgende Auswahlmöglichkeiten angeboten:

 

 

Gewerblich-technischer Ausbildungsberuf

Kaufmann/frau für Büromanagement

Variante 1

 

  • Konkret definierter betrieblicher Arbeitsauf­trag aus dem jeweiligen Einsatzgebiet in 18 Stunden durchführen

    (Report-Variante)

  • Schriftliche Ausarbeitungen zu den beiden Wahlqualifikationen fertigen

 

  • praxisbezogene Unter­lagen dokumentieren
  • eines der beiden Ausarbeitungen wird als Grundlage für das Fachgespräch von der IHK ausgewählt

 

  • Ein Fachgespräch von höchstens 30 Minuten über diesen Arbeitsauftrag führen
  • 20-minütiges fallbezogenes Fachgespräch zu eines der beiden Ausarbeitungen führen

 

 

 

Variante 2

  • Überbetrieblich entwickelte, betriebsübergreifende "praktische Arbeitsaufgabe" in 14 Stunden vorbereiten, durchführen, nachbereiten
  • aufgabenspezifischen Unterlagen dokumentieren
  • Fachgespräch von höchstens 20 Minuten über diese Arbeitsaufgabe führen

(klassische Variante)

  • Prüfungsausschuss entscheidet zwischen den beiden Wahlqualifikation
  • Prüfungsausschuss gibt am Tag der Prüfung zwei praxisbezogene Fachaufgaben zu seiner gewählten Wahlqualifikation vor
  • Prüfling entscheidet sich vor Ort für eine der beiden Fachaufgaben
  • Anschließend 30-Minütige Vorbereitung für eines der beiden Themen
  • Max. 20-minütiges Fachgespräch wird zum ausgewählten Thema geführt

 

 

Die Bewertung des Gesamtergebnisses der Abschlussprüfung kann von Beruf zu Beruf verschieden sein. Dabei wird die AP 2  je nach Ausbildungsordnung zu 60 % - 80 %  angerechnet.

Die AP 1 wird entsprechend der prozentualen Anrechnung der AP 2 mit 20 % - 40 % angerechnet. Diese Prüfung kann nicht eigenständig wiederholt werden, da sie Teil der Gesamtprüfung ist. Beide Prüfungsergebnisse werden schließlich zu einer Gesamtnote zusammengeführt.

Die Auswahl der Variante erfolgt durch den Betrieb unter Mitbestimmung des Betriebsrates. Dabei sollte aber auch die Jugend- und Auszubildendenvertretung miteinbezogen werden.

Die praktische Arbeitsaufgabe (Variante 2) wird bei der Prüfungsaufgaben- und Lehrmittelentwicklungsstelle (PAL) in Stuttgart erarbeitet und den Betrieben nach Anforderung zur Verfügung gestellt.

Die Aufgabenstellung der Varianten 1 und 2 muss gleichwertig sein. Objektivität und Chancengleichheit müssen bei beiden Varianten sichergestellt sein. Die neue Form der Abschlussprüfung orientiert sich an dem Modell der vollständigen Handlung und entspricht so einer modernen Ausbildungs- und Prüfungsform.

 

Aus Sicht der IG Metall gilt die Variante 1 als Favorit, denn nur mit diesem Ansatz können Geschäftsprozesse praxisnah als ganzheitliche Qualifikationen objektiv abgeprüft werden.

 

 

Angemeldete Benutzer können hier ein Kommentar hinterlassen

Prüfen

Links und Zusatzinformationen
Servicebereich