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100 JAHRE AKADEMIE DER ARBEIT

Wo Arbeiterkinder zu Akademikern werden

19.05.2021 Ι "Weltweit einmalig" - mit diesem Etikett können sich nicht viele Institutionen schmücken. Die Europäische Akademie der Arbeit (EAdA) in Frankfurt kann es. Zu ihrem 100. Geburtstag macht die gewerkschaftliche Bildungsstätte einen großen Schritt Richtung Zukunft.

Warum eine Akademie für die Weiterbildung von Arbeiterinnen und Arbeitern? Wozu Seminare in Arbeitsrecht und Betriebswirtschaft für junge Menschen mit praktischer Berufsausbildung?

 

Theodor Thomas, einer der Gründerväter der Europäischen Akademie der Arbeit, hat diese Frage mit folgender Anekdote beantwortet:

"Als die Frankfurter Universität vor dem ersten Weltkrieg Richtfest feierte, gab der Oberbürgermeister für die Arbeiter eine Runde aus. Einer der Dachdecker weigerte sich aber, vom Dach herunter zu steigen. Als er es schließlich doch tat, fragte ihn der Bürgermeister, warum er nicht gekommen sei. Antwort des Handwerkers: "Weil es mich wurmt, dass dieses Haus von dem Augenblick an für uns Arbeiter verschlossen ist, an dem wir es fertig gebaut haben."

 

Weiterführende Bildung oder gar ein Hochschulabschluss waren bis vor wenigen Jahrzehnten eine elitäre Angelegenheit. Teuer, exklusiv, unerschwinglich für Arbeiterinnen, Handwerker, kleine Angestellte. Noch heute sind junge Menschen aus Arbeitsfamilien an Hochschulen deutlich unterrepräsentiert.

 

Die Akademie der Arbeit (kurz: AdA) setzt hier seit 100 Jahren ein Gegengewicht. Ihr Angebot richtet sich besonders an gewerkschaftlich und sozial engagierte junge Beschäftigte. Gelehrt wird auf akademischem Niveau: Arbeits- und Verfassungsrecht, Ökonomie, Sozialwissenschaften. Alles in einem kompakten, elfmonatigen Studium. Die AdA vermittelt Grundlagen für die Arbeit in Gewerkschaften oder anderen Non-Profit-Organisationen. Der Abschluss kann aber auch ein Einstieg in ein weiterführendes wissenschaftliches Studium sein - ohne Abitur.

(Quelle: IGM)

Als die Akademie vor 100 Jahren gegründet wurde war kaum abzusehen, dass sie sich dauerhaft etablieren würde. 1921 war Deutschland geprägt von den Nachwehen der Revolution und dem Sturz der Monarchie.

 

In der Arbeiterschaft gab es Streit über die Sinnhaftigkeit einer "Arbeiterakademie". Vertreter der linksradikalen USPD - einer Abspaltung der SPD - sahen die Akademiegründung als Zeichen eines "Harmoniestrebens", einer Abkehr vom Klassenkampf.

 

Auch später spiegelte die Geschichte der AdA die Ereignisse der deutschen Geschichte im 20 Jahrhundert. Am dramatischsten sicherlich die NS-Zeit: Am 31. März 1933 schlossen SA und Polizei die Akademie mit Gewalt.

 

Bereits zwei Jahre nach dem zweiten Weltkrieg nahm die AdA ihren Lehrbetrieb wieder auf. In den Wirtschaftswunderjahren konsolidierte sie sich. Sichtbares Zeichen dafür: Der 1957 eingeweihte Neubau der Akademie samt Wohnheim. Zehn Quadratmeter maßen die Zimmer der Studierenden, schlicht eingerichtet, dafür mit Badewanne und Tischtennisraum im Keller.

 

In den 1970er Jahren wehte der Zeitgeist auch durch die Seminarräume der AdA. Die Studierenden waren stark politisiert. Sie forderten Mitbestimmung über die Lehrinhalte und Diskussionen auf Augenhöhe statt Frontaltunterricht. Es gab Streiks und Boykotts einzelner Lehrveranstaltungen.

 

An der Philosophie der AdA hat sich nichts geändert: Sie will den kritischen Geist der Studierenden schärfen. Will vor allem Bildungsstätte und erst danach Ausbildungsstätte sein.

 

Dagegen haben sich die Rahmenbedingungen der AdA in den vergangenen Jahren deutlich verändert - und zwar zum Besseren.

 

Sichtbares Zeichen dafür ist der Neubau eines modernen Akademie-Gebäudes. In diesem "House of Labour" hat die AdA seit 2019 ihren Sitz, zusammen mit der Schwesterorganisation "Academy of Labour".

 

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