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Uni ohne Abi

Immer mehr Menschen studieren erfolgreich ohne Abitur

02.05.2017 Ι Noch immer ist der Anteil von Studierenden ohne Abitur an der gesamten Studierendenschaft gering. Aber in diesem Jahr hat er mit rund 51.000 einen neuen Höchststand erreicht. Positiv wirken sich hierbei landesspezifische Anpassungen in der Hochschulzugangsberechtigung aus. Die IG Metall fordert die Rahmenbedingungen für Berufserfahrene weitere zu verbessern, damit der Dritte Bildungsweg auch konsequent beschritten werden kann.

Da die Studierendenzahl insgesamt in den letzten Jahren stark gestiegen ist, ist der Anteil von Studierenden ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife sogar von 2,8 auf 2,5 Prozent leicht gesunken. Dennoch: Die absolute Zahl der Studierenden ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife in Deutschland hat mit rund 51.000 einen neuen Höchststand erreicht. Entwicklungen, welche die Hochschulexperten Dr. Sigrun Nickel, ausgesprochen positiv kommentiert.

 

Den Ergebnissen ihrer Studie folgend, studiert der überwiegende Teil dieser Gruppe ein Bachelorstudium. Eine Minderheit befindet sich in einem Masterstudium. Erfreulicherweise gibt es einen Zuwachs auch bei weiterbildenden Masterstudiengängen, die auf Bachelorabschluss und teils sogar auf die Hochschulzugangsberechtigung verzichten und Berufserfahrenen z.B. auf der Ebene der Fortbildungsberufe offen stehen.

 

Es ist nicht erstaunlich, dass Berufserfahrene ohne Abitur lieber die anwendungsorientiertere Fachhochschule (Hochschule für angewandte Wissenschaften) besuchen als die Universität. Hier finden sich derzeit mit insgesamt rund 29.000 bundesweit die meisten beruflich Qualifizierten ohne Abitur. Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Zahl der Studienanfänger(innen). Im Jahr 2015 entschieden sich rund 7.400 beruflich qualifizierte Erstsemester für eine akademische Ausbildung an einer anwendungsorientierten Hochschule und rund 5.000 für ein Universitätsstudium.

 

Bei der Fächerauswahl entscheiden sich mehr als die Hälfte aller StudienanfängerInnen für die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 54,1 Prozent, gefolgt von den Ingenieurwissenschaften mit 19,5 Prozent und Medizin bzw. den Gesundheitswissenschaften mit 10,7 Prozent.

 

Nach wie vor sind die Unterschiede zwischen den Ländern enorm. Während in Bundesländern wie Hamburg, Berlin oder NRW, dort auch wegen der Fernuni, die Quoten relativ groß sind bzw. wie in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren steil nach oben geklettert sind, bleiben in anderen Bundesländern die Zahlen weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Die Schlusslichter bilden Baden-Württemberg, das Saarland und Sachsen-Anhalt, wobei in Baden-Württemberg die Rolle der Dualen Hochschule nicht vergessen werden darf. Erfreulich ist, dass in den ostdeutschen Bundesländern, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen, die Nachfrage steigt.

 

Dafür sind auch die unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen und die unterschiedlich ausgestatteten Landesprogramme zur Förderung des Dritten Bildungsweges verantwortlich zu machen.

 

Mittlerweile sind die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz von 2009 flächendeckend umgesetzt worden. Praktisch sind die Regelungen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Studieninteressierte sollten sich hier genau informieren. Teilweise wurden in einigen Bundesländern die KMK-Empfehlungen teilweise sogar erweitert.

 

Ein aktuelles Beispiel für eine sehr großzügige Regelung ist Nordrhein-Westfalen, das beruflich Qualifizierten den Zugang zu einem mit ihrer Berufstätigkeit fachlich verwandten Studiengang in Einzelfällen auch ohne einen zuvor erworbenen Berufsabschluss über eine Eignungsprüfung durch die aufnehmende Hochschule erlaubt.

 

In Rheinland-Pfalz wird nach dem erfolgreichen Abschluss eines Modellversuchs in einer Reihe von Studienfächern auf das Kriterium der Berufserfahrung verzichtet. Darüber hinaus gibt es auch Bundesländer die, wie beispielsweise Hessen oder Niedersachsen, mit zusätzlichen Landesmitteln oder der Durchführung von Modellprojekten die Etablierung neuer Wege des Hochschulzugangs für Personen ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife fördern.

 

Die IG Metall bewertet diese Entwicklung ausgesprochen positiv. Für sie ist der Dritte Bildungsweg ein wichtiges Instrument für mehr soziale Durchlässigkeit zwischen Berufsbildungs- und Hochschulsystem. Die IG Metall macht Vorschläge in drei Bereichen:

 

  • Die formalen Möglichkeiten für ein Studium ohne Abitur müssen vereinfacht und bundesweit harmonisiert werden. Gleiche Entwicklungschancen für Facharbeiter/innen vom Bodensee bis zur Nordsee. Die verschiedenen Länderregelungen und Landesprogramme zur Unterstützung des Dritten Bildungsweges sollten dafür dringend evaluiert werden.

 

  • Berufserfahrene ohne Abitur suchen zudem häufig nach berufsbegleitenden Studienformaten und Studiengängen mit hohen Praxisanteilen (z.B. duale Studiengänge). Orientierungsangebote und Studieneingangsphasen müssen auf sie zugeschnitten werden. Studieninhalte sollten an ihren beruflichen Erfahrungen ansetzen. Das duale Studium muss auch dieser Zielgruppe ein Angebot machen können.

 

  • Die gegenwärtig geltenden Möglichkeiten der Studienfinanzierung können auf die besonderen Lebensumstände dieser Gruppe nicht oder nur unzureichend angewandt werden. Oft sind Studieninteressierte des Dritten Bildungsweges bereits in der Elternphase oder haben über ihre Berufstätigkeit einen bestimmten Lebensstandard erarbeitet. Der Dritte Bildungsweg darf nicht in Verschuldung oder in prekäre Lebensverhältnisse führen. Ziel muss es sein, im Rahmen einer Bafög-Reform oder im Rahmen eines Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes zu einer besseren Absicherung zu gelangen.
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