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Prüfungsfragen

Wer prüft die Prüfungsfragen?

10.10.2024 Ι Berufe wandeln sich, neue Technologien erfordern neue Kompetenzen. Weil das so ist, müssen Prüfungsfragen immer wieder begutachtet und angepasst werden. Bei der Erstellung der Aufgaben sitzt die IG Metall mit am Tisch - und sorgt dafür, dass die Aufgaben praxisnah und fair gestellt werden.

Von Jan Chaberny

 

Benjamin Fritz kann sich noch gut an den Tag seiner Abschlussprüfung erinnern, an die Nervosität am Morgen, an die Anspannung im Prüfungsraum. An seine Konzentration, während er die ihm gestellten Fragen beantwortete. Auch heute, viele Jahre später, erinnert er sich daran, welche Aufgaben gestellt wurden - welche Fragen er als angehender Modellbauer beantworten musste. »Das vergisst man nicht, das bleibt einem im Kopf«, sagt der Metaller.

 

Etwas anderes ist den meisten Auszubildenden allerdings weniger bewusst: Die Prüfungsaufgaben, die da vor einem auf dem Tisch liegen, sind nicht vom Himmel gefallen. Menschen haben sie entwickelt, verfasst, verworfen, neu formuliert und präzisiert. Jede Aufgabe, die in einer Abschlussprüfung steht, wird zuvor überprüft und kontrolliert. Fachleute in einem Prüfungsausschuss durchleuchten und diskutieren jede einzelne Aufgabe. Benjamin Fritz ist einer von ihnen.

 

Der 33-Jährige arbeitet in der Luitpoldhütte im oberpfälzischen Amberg. Rund 500

Beschäftigte hat die Gießerei und 30 Auszubildende: junge Menschen, die hier am

Standort zwischen fünf gewerblichen Ausbildungen und einem kaufmännischen Beruf wählen können. Fritz ist nicht nur Ausbildungsleiter am Standort: Er ist zugleich der Vorsitzender in einem Ausschuss, der sich um die Erstellung und Überprüfung von Prüfungsaufgaben für den Beruf des Gießereimechanikers kümmert.

 

»Fachausschuss, das klingt erst mal dröge, ich weiß«, sagt der Metaller. Die Arbeit dort sei aber überhaupt nicht langweilig. Ganz im Gegenteil. »Manchmal geht es hoch her, da werden Prüfungsfragen diskutiert, an Formulierungen gefeilt, Einwände von Ausbildern und Sachverständigen eingearbeitet.« Großen Spaß mache die Arbeit in solchen Momenten. Außerdem würde einem bewusst, wie wichtig die Arbeit im Ausschuss ist. »Die Prüfungsaufgaben haben einen direkten Einfluss auf die Qualität der Ausbildung und damit auf den späteren Lernerfolg«, weiß Benjamin Fritz. Die Mitbestimmung stelle sicher, dass die Prüfungsaufgaben praxisnah und fair gestaltet seien. »Als Metallerinnen und Metaller haben wir da eine große Verantwortung. Der will ich gerecht werden. Dafür muss man Zeit

und Engagement investieren.«

 

Dreimal im Jahr treffen sich die Ausschussmitglieder für je drei Tage zu einer

Arbeitsklausur. Der Fachausschuss, in dem Benjamin Fritz sitzt, ist wie jeder

Prüfungsausschuss in Deutschland paritätisch besetzt. In diesem Fall sind für gewöhnlich drei Arbeitgebervertreter mit dabei: drei Kolleginnen und Kollegen der Arbeitnehmerseite, drei Berufsschullehrerinnen beziehungsweise -lehrer sowie, je nach Bedarf, Sachverständige und weitere Fachleute. »Wir sitzen dann alle gemeinsam an einem Tisch und dann geht es los.«

 

 

Neue Anforderungen, neue Aufgaben

 

Los geht es, genau genommen, schon viel früher, schon Wochen, Monate vor den

turnusmäßigen Ausschusstreffen. »Wir begutachten und diskutieren die Prüfungsaufgaben in unseren Sitzungen. Wir entscheiden gemeinsam darüber, welche wir auswählen und welche nicht«, sagt Benjamin Fritz. »Aber jeder von uns entwickelt und formuliert seine Fragen schon vorab. Das geht nicht von heute auf morgen. Da gibt es einiges zu beachten.«

 

Zum Beispiel, dass die jeweiligen Fragen präzise und umfassend die Anforderungen des jeweiligen Berufs abbilden. Dass die Fragen fair gestellt sind, ausreichend anschaulich, dass sie immer auf konkrete Lernerfahrungen der Auszubildenden bezogen werden können. Hier geben die Berufsschullehrerinnen und -lehrer wichtige Impulse. »Elementar ist auch, neue Entwicklungen im jeweiligen Beruf aufnehmen und auf diese in der angemessenen Tiefe einzugehen.«

 

Das Berufsbild des Gießereimechanikers zum Beispiel hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt und wird sich weiter wandeln. Digitale Arbeitsschritte werden wichtiger, 3-D-Druck mehr und mehr Einzug auch in mittelgroße Gießereien halten, sagt Benjamin Fritz. »Darauf müssen wir eingehen.« Das sei nicht immer leicht. Das sei auch mal Kampf, denn notwendig seien Gespür und Fingerspitzengefühl, um das richtige Maß zu finden.

 

»Man muss eine Balance finden zwischen den Kernprüfungsaufgaben, die die

grundlegenden Anforderungen des Berufs abbilden, und den technischen Neuerungen, die sich gerade überall in den Betrieben durchsetzen«, sagt der Metaller. Für die jungen Kolleginnen und Kollegen, die die Ausbildung zum Gießereimechaniker absolvieren, bedeutet das: Sie müssen als Spezialisten mit Verantwortung für die gesamte gießtechnische Fertigung natürlich in den elementaren Anforderungen des Berufs ausgebildet und geprüft werden.

 

»Die jungen Leute müssen beispielsweise anhand eines Modells Gussformen fertigen können. Sie müssen das Erschmelzen der richtigen Legierung im Schmelzbetrieb beherrschen und natürlich auch die Arbeit in der Qualitätssicherung und in der Gussnachbehandlung.« Um ihren Beruf erfolgreich ausführen zu können, benötigen die jungen Leute fundierte praktische Fertigkeiten und dazu viel theoretisches Verständnis. »Das müssen wir mit unseren Prüfungen abbilden.«

 

Das allerdings genüge noch nicht. Die jungen Auszubildenden bräuchten heute auch Kenntnisse in der »additiven Fertigung«. Sie müssen wissen, wie ein 3-D-Drucker funktioniert, wofür man ihn einsetzt, worauf man achten muss.

 

Daran entzünden sich dann Diskussionen. »Mir ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Auszubildenden ihr Leistungspotenzial ausschöpfen können«, sagt Benjamin Fritz. »Aber ich setze mich genauso dafür ein, dass die Aufgaben in ihrem Anforderungsniveau nicht überzogen sind.« Konkret bedeutet das: Aufgaben zum Themenbereich 3-D-Druck sind erforderlich, schließlich ist diese Technik Realität in vielen Betrieben.

 

Aber diese Aufgaben dürfen nicht so gestellt sein, dass sie nur Auszubildende von

Großkonzernen beantworten können, die im Betrieb tagtäglich die neuesten Maschinen im Einsatz sehen. Sie müssen so gestellt sein, dass Prüflinge mit den Aufgaben zurande kommen - selbst wenn es in ihrem Betrieb solch eine Technik nicht gibt. »Das auszuloten, da das richtige Maß zu finden, dafür setze ich mich ein. Das macht mir Spaß.«

 

Auch weil die Arbeit niemals abgeschlossen ist, niemals abgeschlossen sein kann. Weil es immer weitergeht. Weil es immer neue Technologien geben wird - und damit neue Qualifikationen, die gebraucht, neue Fähigkeiten und Fertigkeiten, die geprüft werden müssen. »Die Arbeitswelt wandelt sich beständig. Weil das so ist, müssen wir Ausbildungs- und Prüfungsfragen auch dauernd anpassen«, sagt Benjamin Fritz. »Dabei mitzuwirken, erfüllt mich mit Freude. Und mit ein bisschen Stolz.«

 

 

Ausbildung & Mitbestimmung

  • Die IG Metall hat in der dualen Berufsausbildung zahlreiche Mitbestimmungsmöglichkeiten errungen. Eine zentrale Rolle spielt die Mitbestimmung bei der Erstellung der Prüfungsaufgaben in der Aus- und Weiterbildung.
  • Das Konsensprinzip und die paritätische Vertretung ziehen sich dabei durch alle Entscheidungsprozesse. Die Prüfungsanforderungen werden von paritätisch besetzten Sachverständigengremien entwickelt.
  • Aktuell stehen in den 174 Berufen, die die IG Metall mitgestaltet, Neubesetzungen in den Prüfungsausschüssen an. Interessierte melden sich unter: pruefen@igmetall.de

 

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