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6 Argumente der IG Metall

Gegen 2-jährige Berufe

Auch wenn die Analyse der Befürworter der 2-jährigen Berufe und ihr angestrebtes Ziel (Entlastung von KMUs und Erhöhung der Chancen für "Schwächere") korrekt sein mag, ist es geforderter Weg nicht. 2-jährige Berufe sind keine zukunfstsfähige Perspektive. Weder für den Technologiestandort Deutschland noch für unsere Kolleginnen und Kollegen.

Seit jahrzehnten hällt sich eine Debatte kontinuierlich auf der Agnda der Gewerkschaften. Mal auf bundesebene dank entsprechender Koalitionsvereinbarungen oder dem Drängen der Arbeitgeberverbände. Mal auf regionaler Ebene dank einer angespannten Arbeitsmarktsituation. Mal auf anderer Ebene aus anderen Gründen, aber meist durch Befürworter, die bestenfalls in dem Glauben handeln, den sogenannten leistungsschwachen jugendlichen Schulabgängern eine Ausbildungschance zu vermitteln, wenn auch zweiter Klasse. Und dabei vermeintlich auch noch dem Mittelstand das Leben zu erleichtern, braucht er doch jetzt nur noch zwei Jahre auszubilden und kommt dabei billiger weg als bei einer 3- oder gar 3½-jährigen Ausbildungszeit.

 

Und nur die Ewig-Gestrigen Gewerkschaften sind es angeblich, die solchen Fortschritt und das schöne Einvernehmen zwischen Wirtschaft und Politik verhindern wollen. Aus purer Rechthaberei, ordnungspolitischem Starrsinn und Ignoranz gegenüber den Realitäten. Oder gibt es noch andere Gründe?

 

WAP meint ja und fasst sie im Folgenden kurz zusammen:

Seit Jahren wird, allen voran von den Arbeitgeberverbänden der Metallindustrie, die abnehmende Attraktivität gewerblich-technischer Ausbildung europaweit beklagt. Teure Imagekampagnen zur Attraktivitätssteigerung gewerblich-technischer Ausbildung werden durch die Schaffung eng spezialisierter, auf praktisches Lernen im Betrieb reduzierte Ausbildungsgänge konterkariert. Der Attraktivitätsgrad einer Ausbildung steigt realistischerweise mit der Attraktivität der Arbeit, auf die diese Ausbildung hinführt. Was Einkommen, Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen betrifft, gehören Hilfs- und Angelerntentätigkeiten, auf die zweijährige Berufe in der Regel vorbereiten, nicht zu den von Jugendlichen und ihren Eltern als besonders attraktiv eingeschätzten Arbeitsplätzen.

Zweijährige Ausbildung als vermeintlicher Beitrag zur Mittelstandsförderung steht den ausbildungspolitischen Zielsetzungen wie der Förderung von Eigenverantwortung, von Kreativität und Unternehmertum direkt entgegen. Denn durch die Einschränkung der Ausbildung auf die Vermittlung von Basisqualifikationen wird aber gerade die Entwicklung übergreifender Fähigkeiten/inhaltsübergreifender Kompetenzen erschwert. Der Erwerb übergreifender Prozessqualifikationen gilt heute als die Schlüsselkompetenz für wirtschaftlichen Erfolg auf der Basis von Innovation und Modernisierung. Das aber erfordert Ausbau und Weiterentwicklung, nicht Abbau qualifizierter Ausbildung.

Angesichts gestiegener und veränderter Anforderungen, vor allem im überfachlichen, prozessübergreifenden Bereich, versuchen Betriebe schon heute, schulisch gut Vorgebildete und sozial integrierte Jugendliche auszuwählen. Jugendliche eben, die aufgrund ihrer schulischen und sozialen Herkunft ein Gutteil der Voraussetzungen mitbringen, an denen die Betrieb ansetzen können, um neue kommunikative Kompetenzen, Fähigkeit zur Selbststeuerung usw. möglichst ohne zusätzlichen Aufwand, ohne zusätzliche Ausbilderqualifizierung oder den Einsatz besonderer didaktischer Instrumente zu vermitteln. Da als lernschwach eingestufte Jugendliche oft auch "sozial" schwach und/oder in der ein oder anderen Weise verhaltensauffällig sind, brauchen sie aber nicht weniger, sondern mehr pädagogisch didaktische Zuwendung - unabhängig von den fachlichen Anforderungen des Ausbildungsberufes.

Ganz im Gegensatz zum dritten Jahr, in dem Auszubildende, insbesondere in Klein- und Mittelbetrieben und im Handwerk ertragreich eingesetzt werden. Wäre dies anders, dann müssten Auszubildende im Krankheitsfall nicht durch andere Auszubildende vertreten werden, wie es im Handwerk oft der Fall ist. Dessen ungeachtet ist der Widerspruch zwischen einzelbetrieblichem Kosten-Nutzen-Denken in der Berufsausbildung und dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedarf an Höherqualifizierung durch zweitklassige Billigausbildung nicht zu lösen

Es ist völlig unklar, in welchen Branchen und Bereichen eine steigende Zahl von Absolventen von Schmalspurausbildungsgängen künftig beschäftigt werden können. Auch die neuesten Bedarfsprognosen belegen "die Nachhaltigkeit des qualifikatorischen Strukturwandels mit der Tendenz steigender Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt" und damit einhergehend "eine deutliche Verschlechterung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Geringqualifizierte"


Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ergänzt: "Eine zu enge Spezialisierung bereits in der Ausbildung würde daher die Anpassung an neue Anforderungen und lebenslanges Lernen nicht fördern, sondern eher verringern"1.

 

1 Zit. nach "Veränderte Arbeitswelt - veränderte Qualifikationen, Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmarkt und Bildungsstrukturen", Schriftenreihe des Bundesinstitutes für Berufsbildung, 2002, S.61, S. 49

Es liegt also im existentiellen Interesse von Gewerkschaften und Arbeitnehmern, die Einführung zweijähriger Ausbildungsgänge abzulehnen und durch eine zielgruppengerechte, gesetzlich abgesicherte und mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen verzahnte Förderpolitik zu ersetzen. Und es bleibt abzuwarten, wie sich die Effekte des gesetzlichen Mindestlohns auf die zweijährigen Berufe auswirkt, da dies die kurzfristig gedachten wirtschaftlichen Erfolge für die Betriebe verringert.

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