Bildungsökonomischer Aufruf
Bildung in Krisenzeiten ermöglichen
"C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW, sagt: "Sozial benachteiligte Kinder und solche mit Lernschwierigkeiten sind von den Schließungen besonders betroffen - ihnen werden Orte der Fürsorge, Förderung und Verpflegung mit ausgewogenen Mahlzeiten entzogen, zudem fallen sie beispielsweise beim Erlernen der deutschen Sprache zurück, wenn zu Hause kein Deutsch gesprochen wird. Auf diese Weise vergrößern Kita- und Schulschließungen die Unterschiede in Lerngruppen und darüber hinaus werden soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft verstärkt. Das Humankapital von morgen kann sich nicht optimal entwickeln."
Deshalb muss dem Aufruf zufolge schnell gegengesteuert werden.
In einem ersten Schritt komme es darauf an, allen SchülerInnen das Lernen zu Hause mit entsprechender technischer Ausstattung und fachlicher Unterstützung zu ermöglichen. Gleichzeitig müssten pädagogische Fachkräfte inklusive der LehrerInnen mit Blick auf die Konzeption digitalen Unterrichts und Lernens schnellstmöglich geschult werden. Sollte Distanzlernen in einzelnen Haushalten nicht möglich sein, müssen die Kinder in eine Notbeschulung aufgenommen werden. Auch in Kitas ist es angezeigt, altersgerechtes Fördermaterial zum Vorlesen, Malen und Spielen zur Verfügung zu stellen und über Videoanrufe oder Telefonate regelmäßig Kontakt zwischen Fachkräften sowie Kindern und Eltern herzustellen.
Im zweiten Schritt müsse umgehend der Besuch von Kitas und Schulen allen Kindern und Jugendlichen, also unabhängig etwa von der Altersgruppe oder dem Beruf der Eltern, zumindest zeitweise wieder ermöglicht werden. Kleingruppen, die sich tage- oder wochenweise abwechseln, seien dafür geeignet. Zudem brauche es Konzepte für Zusatzförderungen, die es vor allem leistungsschwächeren Kindern und Jugendlichen erlaubten, Boden gut zu machen.
Schließlich sollten im dritten Schritt die Bildungs- und Lehrpläne von Kitas und Schulen für das kommende Jahr angepasst werden, auch auf Basis erster wissenschaftlicher Evaluierungen des Lernens von zu Hause.
In jedem Fall, so die InitiatorInnen des Aufrufs, müsse schnell und umfassend gehandelt und zudem klar zu Strategien und Konzepten kommuniziert werden, um Kindern, Jugendlichen, Eltern und PädagogInnen eine klare Perspektive zu geben und sie nicht länger zu verunsichern."
(Quelle: Bildungsökonomischer Aufruf)
Schule & Arbeitswelt
"Da es ohnehin eine Illusion ist, dass alle Schülerinnen und Schüler derzeit zur Schule gehen können, sollte der Aspekt der Bildungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt gestellt werden. Gerade jene Kinder und Jugendliche, die zu Hause keine Arbeitsgeräte und Rückzugsräume haben, sollten verstärkt Präsenzangebote erhalten - und zwar unabhängig von der Frage, welche Klassenstufe sie besuchen oder ob eine Prüfung ansteht. Sonst droht die soziale Schere an den Schulen weiter aufzugehen. Die KMK ist daher aufgefordert, bei ihren Maßnahmen zu Schulöffnungen den Aspekt der Bildungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt zu stellen."
Elke Hannack,
stellvertretende DGB-Chefin