Bremen macht's vor
Ausbildung für alle
Umlagefinanzierter Ausbildungsfonds - hinter diesem sperrigen Begriff verbirgt sich ein großer Hebel für eine gerechtere Verteilung von Ausbildung und eine jahrzehntelange Forderung der IG Metall. Die Idee ist, dass alle Betriebe in einen Fonds, quasi einen Topf, einbezahlen und jene Betriebe, die tatsächlich ausbilden, Geld zurückbekommen. Das Bundesland Bremen hat als erstes Bundesland am Donnerstag ein Gesetz über solch einen Ausbildungsfonds beschlossen.
Vor über 40 Jahren sind für diese Forderung schon Metallerinnen und Metaller auf die Straße gegangen, so auch Volker Stahmann. Heute ist Stahmann mit dafür verantwortlich, dass genau dieses Modell nun in Bremen umgesetzt wird. Er ist Kassierer der Geschäftsstelle Bremen, IG Metall-Vorstandsmitglied und Bürgerschaftsabgeordneter der regierenden SPD im Landtag. "Als der Ausbildungsunterstützungsfonds im Koalitionsvertrag 2019 beschlossen wurde, hat es mir schon in den Fingern gejuckt", sagt er. Als es ihm nicht schnell genug voranging, hat er sich noch mehr in das Thema eingearbeitet und es vorangetrieben. Er und seine Parteikolleginnen und -kollegen haben sich angeschaut: Gibt es Vorbilder für das Vorhaben und was ist rechtlich möglich? "Wer nicht ausbildet, muss zahlen" - diese alte Gewerkschaftsforderung war in Bremen so nicht umsetzbar.
Die Abgehängten mitnehmen
Mit der Umsetzung ist es ja bekanntlich so eine Sache, aber Bremen zeigt, es ist auch ohne viel bürokratischen Aufwand möglich. Nahezu alle Betriebe, auch alle Behörden, müssen 0,3 Prozent ihrer Bruttolohnsumme einzahlen. Dafür müssen sie vorher nur ihre Bruttolohnsumme an das Land melden. All jene Betriebe, die dann ausbilden, bekommen pro Auszubildenden im Jahr 2500 Euro ausgezahlt. Durch den Festbetrag profitieren gerade kleinere Betriebe im besonderen Maße. Außerdem bekommen die Betriebe, die ausbilden, in der Regel mehr zurück als sie eingezahlt haben.
Mehr Ausbildungsplätze zu schaffen ist gut und richtig, aber was bringt es der Gruppe von jungen Menschen, die ohnehin von den Arbeitgebern als zu wenig qualifiziert eingestuft werden, um eine Ausbildung zu beginnen? Das Beispiel Bremen zeigt, dass die Arbeitgeber immer wieder das Argument vorgeben, es gäbe nicht genug ausreichend qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber. In Deutschland haben Menschen mit Migrationsgeschichte einen schwierigeren Einstieg in die duale Ausbildung: Nur 35 Prozent der jungen Menschen ohne deutscher Staatangehörigkeit haben 2020 mit einer Ausbildung begonnen. Durch mehr Förderung bekämen auch sie bessere Chancen für eine Berufsausbildung. Der Fonds sieht auch hierfür etwas vor.
Auch bundesweit umsetzbar?
Die eingezahlten Gelder sind zweckgebunden an die Ausbildung, aber nicht alles fließt in die Unternehmen zurück. Das übrige Geld kann dann zum Beispiel für Nachhilfe verwendet oder in Sprachförderprogramme gesteckt werden. Verwalten soll das Geld und die Förderprogramme ein eigens hierfür eingesetzter Verwaltungsrat. Von der Industrie- und Handelskammer (IHK) über die Arbeitgeberkammer bis hin zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und Vertreterinnen aus den politischen Parteien sollen alle gemeinsam entscheiden, wie das Geld am sinnvollsten der Ausbildung zugutekommt.
Am Ende bleibt die Frage: Ist ein umlagefinanzierter Ausbildungsfonds auch bundesweit umsetzbar? Volker Stahmann ist überzeugt, dass es überall in Deutschland möglich und auch nötig ist. "In Deutschland können schon jetzt zwei Millionen Arbeitsstellen nicht besetzt werden. Gleichzeitig bleiben über 22.000 Ausbildungssuchende unversorgt. Bei uns in Bremen ist das nicht anders als in anderen Bundesländern." Auch wenn einzelne Details von Bundesland zu Bundesland wohl variieren würden, Volker Stahmann ist überzeugt, dass am Ende alle ein Modell auf die Beine stellen könnten, von dem sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgebende profitieren könnten. "Wir können auf niemanden verzichten", sagt er.
(Quelle: IGM)