DGB Ausbildungsreport 2019
Fast die Hälfte aller Azubis wird nicht gezielt auf Digitalisierung vorbereitet
Zwar geben rund 80 Prozent der Befragten an, dass Digitalisierung und Automatisierung in ihrer Ausbildung wichtig oder sehr wichtig sind. Doch nur 54 Prozent der Jugendlichen sehen sich während ihrer Ausbildung gezielt darauf vorbereitet, digitale Technologien auch zu nutzen.
Digitalisierung in der Ausbildung und an Berufsschulen: "Diese Zahlen machen uns Sorge"
"Diese Zahlen machen uns Sorge", sagte DGB-Vize Elke Hannack bei der Vorstellung des Reports. "Berufsschulen und Betriebe müssen gleichermaßen besser werden. Die Mittel aus dem Digital-Pakt von Bund und Ländern müssen auch an den beruflichen Schulen ankommen."
Überstunden in der Ausbildung: Weiterhin große Probleme
Große Probleme gibt es nach wie vor bei der Qualität der Ausbildung. Über ein Drittel der Befragten, muss regelmäßig Überstunden machen. Fast jeder achte Jugendliche unter 18 Jahren muss mehr als 40 Stunden in der Woche arbeite. "Das ist gesetzlich verboten", betont DGB-Bundesjugendsekretärin Manuela Conte. "Wir fordern die Arbeitgeber auf, Gesetze einzuhalten und die Ausbildungsbedingungen zu verbessern."
(Quelle: DGB)
- Digitalisierung / gezielte Qualifizierung für digitale Technologien: Fast 80 Prozent (79,2 %) sagen, dass Digitalisierung und Automatisierung in ihrem Ausbildungsberuf »sehr wichtig« oder »wichtig« sind. Aber nur knapp über die Hälfte (54,1 %) der Befragten wird gezielt für die Nutzung digitale Technologien qualifiziert. Mit der Dauer der Ausbildung sinken diese Werte sogar noch: Im ersten Ausbildungsjahr sagen noch gut 59 Prozent (58,9 %), dass sie gezielt für digitale Anwendungen qualifiziert werden, im dritten Jahr sind es nur noch knapp 46 Prozent (45,8 %).
- Digitalisierung an Berufsschulen: Nur ein Drittel (34,9 %) der Auszubildenden beurteilt die digitale Ausstattung ihrer Berufsschule als »sehr gut« oder »gut«. Ebenfalls ein Drittel (32,7 %) sieht sich durch den Berufsschulunterricht nur »ausreichend« oder »mangelhaft« auf den Umgang mit digitalen Medien und Technologien gerüstet.
- Online-Berichtsheft, Lern-Apps und digitale Endgeräte: Nur knapp 23 Prozent (22,6 %) der Auszubildenden nutzen ausbildungsbezogene Apps, z. B. für digitales Lernen, Zeiterfassung oder Ausbildungsnachweis. Nur etwas mehr als jeder vierte (26,4 %) Befragte bekommt mobile Endgeräte (z. B. Smartphone, Tablet, Laptop etc.) vom Ausbildungsbetrieb zur Verfügung gestellt. Die Nutzung der Vorteile von E-learning und der fachliche Gebrauch digitaler Endgeräte scheint nur eine geringe Rolle in der Berufsausbildung zu spielen.
- Datenschutz: Mehr als jede_r sechste (17 %) Auszubildende hat keine Informationen zum digitalen Datenschutz zur Verfügung gestellt bekommen.
- Zufriedenheit: Die Zufriedenheit der Auszubildenden mit ihrer Ausbildung sinkt erneut und liegt erstmals unter 70 Prozent. Insgesamt waren 69,9 Prozent der befragten Auszubildenden mit ihrer Ausbildung "(sehr) zufrieden". Grundsätzlich ist dies zwar immer noch ein guter Wert, aber die Tendenz "sinkend" beobachten wir schon länger. Vor zehn Jahren lag der Wert für die Zufriedenheit mit der Ausbildung noch bei 75,5 Prozent.
- Überstunden: Weit über ein Drittel (36,4 %) der befragten Auszubildenden muss regelmäßig Überstunden machen und arbeitet dabei durchschnittlich 3,9 Stunden mehr in der Woche. Fast 13 Prozent (12,8 %) bekommen für die Überstunden weder eine Vergütung noch einen Freizeitausgleich. Ein klarer Verstoß gegen das Berufsbildungsgesetz.
- Jugendarbeitsschutz: Obwohl es Auszubildenden unter 18 Jahren verboten ist, mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten, muss dies fast jeder achte Jugendliche in dem Alter trotzdem tun. 11,9 Prozent der Befragten haben uns dies bestätigt. Im Vergleich zum Vorjahr (2018: 10 %) ist dieser Anteil sogar wieder leicht gestiegen.
- Belastung: Mehr als ein Viertel (26,9 %) der Auszubildenden sagt, dass sie sich nach der Ausbildung nicht mehr richtig erholen können. Eine Berufsausbildung darf aber nicht zu Überlastungssymptomen führen, die krank machen können.
- Betrieblicher Ausbildungsplan: Mehr als ein Drittel (35,5 %) der Auszubildenden hat keinen betrieblichen Ausbildungsplan obwohl dieser gesetzlich vorgeschrieben ist. Somit wissen diese Auszubildenden nicht, wie ihre Ausbildung ablaufen soll und was die Lerninhalte sind.
- Ausbildungsfremde Tätigkeiten: Jeder achte (12,2 %) Befragte muss "immer" oder "häufig" ausbildungsfremde Tätigkeiten erledigen, die nicht Bestandteil der Ausbildung sind und nicht dem Lernerfolg dienen. Solche Tätigkeiten sind nach § 14 Berufsbildungsgesetz verboten.
- Verfügbarkeit Ausbilder_in: 11,0 Prozent der Auszubildenden steht "selten" oder "nie" ein_e Ausbilder_in am Ausbildungsplatz zur Verfügung obwohl dies gesetzlich gefordert ist.
- Betreuung durch Ausbilder_in: Fast 14 Prozent (13,8 %) der Auszubildenden sagen, dass sie Arbeitsvorgänge durch ihren_ihre Ausbilder_in "selten" oder "nie" zufriedenstellend erklärt bekommen.
- Weiterempfehlen der Ausbildung: Fast jede_r fünfte Auszubildende (19,0 %) würde die Ausbildung in ihrem_seinen Ausbildungsbetrieb nicht weiterempfehlen. Auffällig ist, dass die Begeisterung vieler Auszubildender im Laufe der Ausbildung abnimmt. Während im ersten Ausbildungsjahr noch mehr als zwei Drittel (67,5 %) ihre Ausbildung weiterempfehlen würden, sind es im letzten Ausbildungsjahr gerade mal noch die Hälfte (53,3 %). Das ist ein deutliches Zeichen.
- Qualität in der Berufsschule: Nur etwas mehr als die Hälfte (55,9 %) der Auszubildenden findet, dass die fachliche Qualität des Berufsschulunterrichts "sehr gut" oder "gut" ist.
- Ausbildungsvergütung: 805 Euro ist die durchschnittliche Vergütung der befragten Auszubildenden über alle Ausbildungsjahre, Berufe und das Geschlecht hinweg. Sie liegt damit mehr als 100 EUR unter dem Durchschnitt der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 908 Euro.
- Perspektive: Fast 40 Prozent (39,4 %) der Auszubildenden wissen selbst im letzten Ausbildungsjahr noch nicht, ob sie im Anschluss an ihre Ausbildung von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen werden.