BIBB-Hauptausschuss verabschiedet Empfehlung
Mobil Ausbilden und Lernen im Betrieb
Bisher gab es in den Betrieb eine gewisse Unsicherheit, ob mobiles Ausbilden konform mit dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) ist. Um dieser Unsicherheit zu begegnen und auch um die Erwartungen unserer jungen Kolleginnen und Kollegen an eine moderne Ausbildung gerecht zu werden, hat die IG Metall mit anderen Akteuren gemeinsam die Empfehlung zum "Mobilen Ausbilden und Lernen" entwickelt. Timo Gayer, Bildungsexperte beim IG Metall Vorstand, hat den Prozess begleitet und kann uns etwas mehr darüber berichten.
"Wir haben mit der Empfehlung eigentlich kein Neuland betreten. Gemeinsam mit Ausbilder*innen, Betriebsräten und JAVen hat die IG Metall unmittelbar nach Pandemiebeginn Handlungshilfen entwickelt und diesen Prozess zu einer eigenen Empfehlung (inkl. Baukasten für eine Betriebsvereinbarung) im Umgang mit mobilem Ausbilden weiterentwickelt. Unsere Kolleginnen und Kollegen von Audi waren hier ein wichtiger Impuls- und Taktgeber. Ähnliche Prozesse gab es natürlich auch auf Seiten der Arbeitgeberverbände und das Thema hatte einen hohen Stellenwert in allen Gremien der beruflichen Bildung. Die Entscheidung eine eigene Hauptausschussempfehlung zu entwickeln, war durch zwei Erkenntnis und eine für uns wichtige Annahmen geprägt:
- Die technischen Möglichkeiten allein reichen nicht. Mobile Ausbildungsphasen brauchen ein gutes pädagogisches Konzept, gewisse Spielregeln und vor allem eine soziale Rahmung. Dann ist sie auch eine gute Vorbereitung auf das zukünftige Berufsleben.
- Wir konnten erkennen, dass immer mehr Betriebe, aus unterschiedlichen Gründen, sich aufmachten, um mobile Ausbildungsbestandteile zu entwickeln. Insbesondere Klein- und Mittelständische Unternehmen standen jedoch vor ähnlichen rechtlichen Unsicherheiten. Großunternehmen haben diese durch den intensiveren Kontakt zu Kammern und durch ihre Juristischen Abteilungen schnell(er) ausgeräumt. Wir wollten also für vergleichbare Entwicklungschancen in den Branchen sorgen.
- Mit neuen Möglichkeiten gehen meist auch neue Risiken einher. Uns war es daher wichtig für eine gewisse soziale und rechtliche Ausgewogenheit zu sorgen. Mobiles Ausbilden sollte wenn, allen Auszubildenden im Betrieb ermöglicht werden - wenn auch nicht zwingend in gleichem Umfang. Wir dachten hier vor allem an gleiche Ausbildungschancen für kaufmännische und gewerblich-technische Auszubildende. Und es ging uns um die Wahrung von Schutzbestimmungen die sich aus dem BBiG ergeben. Z.B. dass Auszubildende nach einem Berufsschultag nicht zurück in den Betrieb müssen.
Ich möchte an dieser Stelle nicht die gesamte Empfehlung zitieren aber noch einmal die für uns wichtigen Aspekte hervorstellen:
- Das Ausbildungspersonal erhält die Chance sich zu qualifizieren und es erstellt im Voraus ein didaktisches Lehrkonzept.
- Die Probe- und Einarbeitungszeit findet in Präsenz statt. Hier ist die individuelle Eignung der Auszubildenden zu prüfen.
- Freiwilligkeit besteht auf Augenhöhe. D.h., der Betrieb entscheidet grundlegend ob er mobile Ausbildungsphasen anbietet und die Auszubildenden entscheiden ob sie diese annehmen.
- Die erforderlichen Lehrmittel und die technische Infrastruktur sind vom Betrieb sicherzustellen.
- Während den mobilen Phasen, gibt es ausreichend und regelmäßigen persönlichen Austausch, auch mit anderen Auszubildenden und mit Kolleginnen und Kollegen.
Gerne hätten wir noch eine Orientierung gesetzt wie hoch der Anteil mobiler Ausbildungsphasen sein sollte. Leider konnten wir uns hier über die Branchen hinweg nicht verständigen. Für unsere Branchen empfehlen wir einen Grenzwert von ca. 20%, von dem individuell auch abgewichen werden kann. Da wir die mittelfristigen Effekte noch nicht abschätzen können, bleiben wir hier eher vorsichtig - wie entwickelt sich z.B. die berufliche und betriebliche Identität und wie wirken sich höhere mobile Anteile auf den Zusammenhalt der Belgschaften aus?"
"Mit ihrer Umsetzung können die Unternehmen dort, wo es möglich ist, und unter Einhaltung klarer Absprachen und Regelungen ihre duale Ausbildung noch besser an die betrieblichen Erfordernisse und Prozessabläufe anpassen. Zudem bedeutet die Möglichkeit, in der Ausbildung mobil arbeiten und lernen zu können, einen Attraktivitätsschub für die berufliche Bildung, weil diese Form des Arbeitens und Lernens auch den Wünschen vieler Auszubildender entgegenkommt. Und nicht zuletzt werden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf diese Weise schon während ihrer Ausbildung besser auf das vorbereitet, was sie später als ausgebildete Fachkraft in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt ohnehin beachten, beherrschen und umsetzen müssen. Als engagierter Ausbildungsbetrieb wird das Bundesinstitut für Berufsbildung die Empfehlung des BIBB-Hauptausschusses umsetzen und das neue Format ,Mobiles Ausbilden und Lernen' zum 1. August 2023 einführen."
(Quelle: BIBB)