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Statement Prof. Sabine Pfeiffer

Stellungnahme zum Leitbild

13.01.2016 Ι Auch im neuen Jahr setzen wir in loser Reihenfolge die Diskussion über das Leitbild fort. Anfangen wollen wir mit einem Gespräch mit Prof. Dr. Sabine Pfeiffer. In den nächsten Wochen folgen weitere Statements und Interviews mit gewerkschaftlichen und wissenschaftlichen BildungsexpertInnen. In der wissenschaftlichen Diskussion gibt es für Prof. Dr. Sabine Pfeifer wichtige Schlüsselbegriffe. So ist ihr der Zusammenhang von Wissensarbeit und Erfahrung zentral. Sabine Pfeifer hat eine Ausbildung zur Werkzeugmacherin gemacht, über den Zweiten Bildungsweg die Hochschulzugangsberechtigung erworben, danach studiert und eine wissenschaftliche Karriere eingeschlagen. Heute ist sie Professorin an der Universität Hohenheim, Mitarbeiterin im ISF in München und Mitglied des wissenschaftlichen Beraterkreises von ver.di und IG Metall. Der IG Metall attestiert sie, mit dem Leitbild eine sinnvolle und notwendige Debatte zu führen. Sie spricht sich dafür aus, dass VertreterInnen der beiden Systeme von Berufsbildung und Hochschule voneinander lernen. Das Leitbild selbst muss mehr als bisher angedacht die Flexibilitätspotenziale der digitalen Arbeitswelt abbilden.

 

Was hältst du von der Initiative der IG Metall, ein gemeinsames Leitbild als Kompass für betrieblich-duale und für hochschulische Bildung zur Diskussion zu stellen?

 

Generell ist dies eine sinnvolle Initiative. Die Bedeutungsverschiebungen, die beide Ausbildungssysteme in den vergangenen Jahren durchlaufen haben, sind Anlass genug, diese neu und in anderer Form als bisher zusammen zu denken. Wir wissen, was sich im Dualen System an sozialpartnerschaftlicher Gestaltung bewährt hat, lässt sich nicht eins zu eins auf das Hochschulsystem übertragen. Und das Hochschulsystem befindet sich in einem Dilemma zwischen dem Auftrag, für einen Arbeitsmarkt zu qualifizieren, und den Ansprüchen an die Freiheit der Lehre und Forschung. Wie und wo genau auf der institutionellen Ebene beide Ausbildungssysteme mehr Berührungspunkte bekommen können als bisher und wie diese gestaltet werden können, ohne die Besonderheiten und Stärken beider Stränge zu schwächen, ist keine leichte Frage und lässt sich nicht mit einfachen Rezepten beantworten. Die Initiative der IG Metall initiiert aber den Diskurs dazu und der ist unbedingt notwendig.

 

Ist Beruflichkeit heute noch oder gerade heute ein sinnvolles Leitbild für betrieblich-duale und für hochschulische Bildung?

 

Der Begriff der Beruflichkeit erscheint manchen ja als Auslaufmodell.

 

In einer komplexen Arbeitswelt wird sich aber weder alles auflösen in Soft Skills und generalistischen Kompetenzprofilen, noch kann es darum gehen, einen altmodisch überhöhten Berufsbegriff gegen jeden Wandel blind bewahren zu wollen. Deswegen muss der Begriff der Beruflichkeit neu gedacht werden. Wir brauchen ihn umso mehr, je stärker und schneller sich die Arbeitswelt wandelt. Denn: Je unübersichtlicher und dynamischer Arbeitsmärkte und Erwerbsverläufe werden, desto sinnvoller werden Orientierungspunkte, die für alle - Unternehmen wie Beschäftigte - unternehmerische wie biografische Planbarkeit ermöglichen.

 

Welche Anregungen hast du zur Verbesserung, zur Ergänzung oder zur Konkretisierung des vorliegenden Leitbilds?

 

Als Konzept ist das Leitbild erst einmal sehr gelungen. Es adressiert die Notwendigkeiten, beide Ausbildungswege und Institutionensysteme besser aufeinander zu beziehen und betont dabei die Besonderheiten des dualen und des akademischen Systems. Auf der konzeptuellen Ebene muss daher aus meiner Sicht zunächst nicht weiter theoretische Arbeit hineingesteckt werden. Wir müssen nun einen breiten und offenen Diskurs mit möglichst vielen Akteuren in der Bildungspolitik und der Bildungspraxis in Gang setzen bzw. fortführen und dadurch die mit dem Leitbild angestoßenen, zukunftsweisenden Ideen konkretisieren. Dabei kommt es meiner Meinung nach vor allem darauf an, dass die Praktiker in beiden Bereichen - betriebliche und akademische Ausbildung - aufeinander treffen und voneinander lernen.

 

Ich will das an einigen Fragen veranschaulichen:

 

Wie viele Professorinnen und Professoren in Deutschland wissen um die Bedeutung und Funktionsweise des Dualen Systems? Wie viele Ausbilderinnen und Personalverantwortliche in Unternehmen verstehen, dass und warum man in der akademischen Ausbildung nicht einfach feste Curricula vorgeben kann, weil dies - und auch das ist etwas Erhaltenswertes - etwas mit der Freiheit von Lehre und Forschung zu tun hat? Wie viele Professorinnen und Professoren in Deutschland fühlen sich überfordert und in ihrer Rolle missverstanden, nun für einen - oft letztlich unbekannten - Arbeitsmarkt auszubilden? Von wie vielen Ausbilderinnen und Personalverantwortlichen in Unternehmen wird erwartet, neue Berufsbilder wie den Produktionstechnologen einzuführen oder Strategien zu entwickeln, wie ihre beruflich weitergebildeten Fachkräfte in akademische Qualifizierungen einmünden könnten?

 

Beide Akteursgruppen und Bildungssphären könnten viel voneinander lernen. Bislang tauschen sie sich aber zu wenig aus, was ja kein Wunder ist - schließlich haben sie jahrzehntelang weitgehend parallel zueinander existiert. Ein gemeinsamer Diskurs über das Leitbild würde dazu beitragen, dass sich die Akteure beider Bildungssysteme gegenseitig unterstützen und dabei die Ideen des Leitbilds weiterentwickeln und konkretisieren könnten.

 

Sind die im Bildungskonzept des Leitbilds genannten Lernprinzipien als Qualitätsmaßstäbe zur Weiterentwicklung der betrieblich-dualen Berufsbildung und zur Weiterentwicklung der hochschulischen Bildung geeignet? Was fehlt? Was würdest du anders formulieren?

 

Die Lernprinzipien sind für beide Bildungswege weitgehend umfassend und ausreichend. Was noch fehlt - und das gilt ebenfalls für beide Wege - ist die Betonung der Befähigung zur inter- und transdisziplinären Innovationsarbeit. Oder anders ausgedrückt: die Fähigkeit mit anderen zusammen Neues in die Welt zu bringen. Unsere Arbeits- und Lebenswelt wird zunehmend komplexer. Immer mehr Tätigkeiten werden in irgendeiner Form dazu beitragen, Innovationen zu realisieren: von der ständigen Optimierung und Neu-Gestaltung der eigenen Arbeitsprozesse bis zur Entwicklung neuer Lösungen und Produkte. Diese Anforderung wird immer mehr Arbeitsplätze betreffen. Sie kann dort aber nie alleine bewältigt werden. Kooperation über Fach- und Hierarchiegrenzen hinweg ebenso wie mit Akteuren in anderen gesellschaftlichen Bereichen oder wirtschaftlichen Branchen - das sollte von Anfang an gelernt werden. Vieles davon passiert am Lernort Betrieb quasi automatisch - aber nicht immer systematisch als Lernaufgabe. Die Hochschulen sind meist noch weniger gut aufgestellt, um inter- und transdisziplinäres Handeln von Anfang an zu vermitteln. Dies könnte als weiteres Lernprinzip aufgenommen werden oder als Erweiterung in den Lernprinzipien 2, 3, 5, 7, 8 10 berücksichtigt werden (siehe Leitbildbroschüre, die Red.).

 

Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit der beiden Bildungsbereiche werden seit Langem proklamiert. Welche bildungs- und arbeitspolitischen Schritte sind vordringlich, um sie effektiv zu befördern? Kann das Leitbild dazu Impulse geben?

 

Solange ein/e Absolvent/in mit BA-Abschluss höher bewertet wird als jemand, der/die nach dem Abitur eine Duale Berufsausbildung gemacht hat, ist eine Gleichwertigkeit nicht gegeben. Aber auch in der faktischen Gleichstellung liegt vieles im Argen. Obwohl mittlerweile die meisten Hochschulen vielfältige Wege aus der beruflichen Bildung eröffnet haben, sind die faktischen Hürden doch erheblich und für Einzelne, die bislang keine Erfahrung im akademischen System sammeln konnten, oft nicht zu durchschauen und daher schwer zu überwinden. Dies liegt zum großen Teil auch daran, dass viele Professoren und Professorinnen zu wenige Kenntnisse haben über berufliche Bildungswege und deren Qualität. Ein breiter Diskurs zum Leitbild, wie ich ihn oben skizziert habe, könnte daran etwas ändern - zumindest aber Bewegung in beide Systeme bringen.

 

Brauchen wir in Zukunft nur noch einen einheitlichen Bildungstyp für alle? Wenn ja, welchen? Oder brauchen wir mehrere? Wenn ja, welche?

 

Das Duale System ist etwas ziemlich einmaliges und hat viele Stärken. Es hat einen internen Reputationsverlust erlitten, zumindest scheint das System für junge Menschen in Deutschland etwas weniger attraktiv als früher zu sein. Extern - das heißt außerhalb unserer Grenzen - erfährt das Duale System aktuell eine hohe Aufmerksamkeit. Das gilt vor allem für die Berufe im gewerblich-technischen Bereich. Hier zeigt das Duale System auch seine ganz besondere Leistung und Wirkung.

 

Institutionell gilt, das Duale System ist innovationsfähig, es kann Berufe schnell an neue Anforderungen anpassen, sowohl in Bezug auf neue fachliche Inhalte, aber auch in Bezug auf neue Methoden (wie etwa die Handlungsorientierung). Das Duale System ist daher ein wichtiger Faktor für die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft: Weil aktuell die große Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland mindestens eine Ausbildung im Dualen System hat, können Unternehmen ihre Arbeitsorganisation schlanker und selbstorganisierter aufbauen, als das in anderen Ländern der Fall ist. Zudem ist das Duale System ein Garant für Integrationsfähigkeit und soziale Mobilität. Es gelingt diesem Bildungssystem naturgemäß sehr viel besser als dem akademischen Bildungssystem, junge Menschen aus bildungsfernen Hintergründen einzubeziehen.

 

Und das Duale System ist ein Bollwerk gegen polarisierte Arbeitsmärkte, es bildet die entscheidende Sprosse auf der Leiter der sozialen Mobilität. Ohne eine strukturelle Mitte in der Ausbildungs- und Beschäftigungsstruktur ist ein Vorankommen von einer niedrigen oder reinen Anlern-Qualifikation nach oben kaum zu schaffen. Es gibt viele Gründe, das Duale System neben dem akademischen zu bewahren und weiterzuentwickeln. Es ist alles andere als perfekt und hat, wie jedes System, Reformbedarf (etwa bei der Modernität der Berufsschulen oder in Bezug auf die Qualität des Ausbildungspersonals). Aber es erfüllt wirtschaftliche und gesellschaftliche Funktionen, die eine einheitliche hochschulische Ausbildung so nicht leisten kann. Erst beide Systeme zusammen eröffnen eine Angebotsvielfalt, die nicht nur dem Individuum mehr Entfaltungschancen bietet, sondern in einer hoch komplexen Volkswirtschaft wie unserer zwingend notwendig ist.

 

"Berufliches Lernen verknüpft Erfahrungs- und Wissenschaftsorientierung." Der Beraterkreis von ver.di und IG Metall spricht von der "Perspektive eines wissens-basierten Berufsbildungssystems". Ist das ein sinnvolles Lernprinzip? Wie kann es in der betrieblich-dualen, wie in der hochschulischen Bildung umgesetzt werden?

 

Erfahrungswissen und theoretisches Wissen gehen überall Hand in Hand. Auch der Astrophysiker und die Informatikerin brauchen spezifisches Erfahrungswissen. Nicht nur der Friseur oder die Metallfacharbeiterin. Oft werden die berufliche Ausbildung mit Erfahrungswissen und die akademische Ausbildung mit Theoriewissen verbunden. Die berufliche Praxis - ob auf dem Shopfloor, im Büro oder im wissenschaftlichen Labor -erfordert aber immer beides. Deswegen müssen alle Ausbildungswege Formen finden, die beides vermitteln und erfahrbar machen und Lernenden deren Bedeutung und Verschränkung aufzeigen können. Das sind Fragen der Lernmethoden, aber auch der Mischung und Verbindung unterschiedlicher Lernorte. Und sie stellen sich für beide Bildungssysteme gleichermaßen, auch wenn die konkreten Antworten zu anderen Mischungsverhältnissen und unterschiedlichen Gewichtungen in der Methodik führen können - sie sind in der Anforderung ähnlicher als meist unterstellt wird.

 

Das Leitbild zielt bei Anerkennung der Unterschiede auf eine stärkere Integration von betrieblich-dualer und hochschulischer Bildung. Welche Chancen, welche Risiken siehst du für eine größere Annäherung der beiden Systeme?

 

Annäherung darf nicht zu einer Verwässerung führen - diese Gefahr ist sicher nicht von der Hand zu weisen und zeigt, wie viel Ausgestaltungsbedarf faktisch besteht. Je klarer die jeweiligen Stärken der beiden Systeme sind und je selbstbewusster sie vertreten werden, desto offener und besser kann eine Annäherung erfolgen. Das ist kein Selbstläufer, sondern erfordert Reflexion innerhalb und Auseinandersetzung zwischen beiden Systemen. Eine Annäherung in Bezug auf eine echte und gelebte Durchlässigkeit ist nur sinnvoll, wenn gleichzeitig die spezifischen Stärken beider Systeme erhalten bleiben und für junge Menschen auch einschätzbar sind, die über ihre Aus- und Weiterbildungsschritte entscheiden müssen.

 

Wenn du an veränderte Qualifikationsanforderungen aufgrund fortschreitender Digitalisierung und Vernetzung denkst, z.B. Industrie 4.0: Ist Beruflichkeit ein guter Kompass für die Gestaltung von Facharbeiter- und von Ingenieurtätigkeiten und für die Kooperation der beiden Qualifikationstypen?

 

Unbedingt! Gerade in den Bereichen, die von Industrie 4.0 betroffen sind, lässt sich die Stärke von Beruflichkeit besonders gut zeigen. Hier ist in den letzten Jahrzehnten technologisch ständig viel passiert: von der NC- zur CNC-Technik über Hochgeschwindigkeitsfräsen bis zu neuen Technologien in der Robotik oder im Teleservice. Unzählige Innovationen sind im Automobilbereich oder im Maschinenbau gerade deswegen erfolgreich in die Welt gesetzt und arbeitsorganisatorisch bewältigt worden, weil die Beruflichkeit von Facharbeiter/innen und Ingenieur/innen in der betrieblichen Praxis aufeinander trifft und Kooperation und Arbeitsteilung gleichermaßen durch Beruflichkeit in dieser Qualität erst möglich werden. Unsere eigenen Studien zeigen, dass gerade die für Industrie 4.0 besonders relevanten Berufe - etwa die IT-Kernberufe, die Facharbeitsberufe im Metall- und Elektrobereich und die Ingenieur/innen und Techniker/innen - heute schon verstärkt an ihrem Arbeitsplatz mit Komplexität umgehen und Wandel bewältigen. Sie sind bestens gerüstet, Industrie 4.0 zu gestalten - gerade auf Basis ihrer Beruflichkeit.

 

Was hältst du von der Aussage: "Ein europäischer und zunehmend globaler Bildungs- und Arbeitsmarkt erfordert flexibel kombinierbare Qualifikations-Bausteine. Beruflichkeit als Anspruch ist damit nicht vereinbar." Oder umgekehrt: Kann das Leitbild positiv auf die europäische Berufsbildungsdebatte ausstrahlen?

 

Wenn wir davon ausgehen - und das scheint ja aktuell niemand zu bezweifeln -, dass unsere Arbeitswelten sich noch dynamischer ändern werden und weit mehr Innovationsfähigkeit von jedem/jeder Einzelnen abverlangen werden als bisher, dann ist Häppchenbildung wenig sinnvoll. Sondern gerade dann ist eine breite Qualifikationsgrundlage für alle umso wichtiger. Nur so können Menschen im Laufe ihrer Erwerbsbiografie Wandel und Entfaltung leben und bewältigen. Eine breite Qualifikation ist aber genauso für alle Wirtschaftsbereiche entscheidend, die mit dynamischen und wettbewerbsintensiven Märkten umgehen und die ihre Produkte, Dienstleistungsangebote und Organisationsstrukturen agiler wandeln müssen als bisher. Stark zergliederte und eng zugeschnittene Bildungsangebote können für komplexe Anforderungen keine Lösung sein. Anders formuliert: Wer die Arbeitswelt 4.0 gestalten will, darf gerade in der Bildung nicht auf 1.0-Konzepte setzen. Das Zerteilen in kleinste Einheiten ist die Logik des Taylorismus. Sie auf die Bildung zu übertragen ist in einer 4.0-Welt der falsche Weg, er würde Unternehmen und letztlich unsere ganze Volkswirtschaft weniger agil und innovationsfähig machen. Dabei brauchen wir gerade davon doch deutlich mehr. Deswegen - und das sieht man ja zunehmend - haben andere europäische Länder ein wachsendes Interesse am Dualen System. Ein breiter und lebendiger Diskurs über moderne Beruflichkeit in Deutschland würde und wird daher auch in die europäische Bildungsdiskussion ausstrahlen.

 

Taugt Beruflichkeit in gleicher Weise für männliche und weibliche Erwerbs- und Lebensperspektiven. Müssen Berufe weiblicher werden? Wenn ja, wie?

 

Vielleicht fehlt es mir an Phantasie, aber mir fällt es schwer, Beruflichkeit in den Kategorien von "männlich" oder "weiblich" zu denken. Als eine Frau, die Werkzeugmacherin gelernt hat und selbst jahrelang in einem sogenannten Männerberuf gearbeitet hat, glaube ich nicht daran, dass die immer noch und erschreckend beharrlich bestehenden geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezahlung, Erwerbsverläufen oder Vereinbarkeit im Kern mit unterschiedlicher Beruflichkeit zu tun haben. Nicht Berufe müssen weiblicher werden, sondern die Institutionensysteme unserer Gesellschaft und Wirtschaft müssen so umgestaltet werden, dass die Frage, wer, wann und wie lange welche Verantwortung in der Familie übernimmt (für Pflege, Kindererziehung, Lebensorganisation etc.), letztlich nicht doch wieder geschlechtsspezifisch beantwortet werden muss. Hier gibt es in Deutschland - wie wir auch aus vielen europäischen Vergleichsstudien wissen - erheblichen Nachholbedarf. Wir brauchen institutionelle Weichenstellungen, die es ermöglichen, dass wir nicht mehr von männlichen oder weiblichen Erwerbs- und Lebensperspektiven sprechen müssen. Mit Beruflichkeit hat das aus meiner Sicht wenig zu tun.

 

Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!

 

Sabine Pfeiffer ist gelernte Werkzeugmacherin und hat auch einige Jahre in ihrem Beruf gearbeitet. Über den Zweiten Bildungsweg hat sie die Hochschulzugangsberechtigung erworben und danach sowohl Produktionstechnik als auch Soziologie studiert. Sie war bis zum Antritt ihrer Professur an der Uni München wissenschaftliche Mitarbeiterin am ISF in München. Heute ist sie Professorin für Soziologie und empirische Sozialforschung an der Universität Hohenheim. Sie ist aktuell u.a. im Beirat "Zukunft der Arbeit" der IG Metall, im wissenschaftlichen Beirat des Bundesinstitutes für Berufsbildung und im wissenschaftlichen Beraterkreis von ver.di und IG Metall tätig.

 

 

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