Industrie 4.0 braucht den Sozialstaat 4.0
Mehr Bildungsgerechtigkeit wagen!
Die 400 Teilnehmer haben in Berlin mit Vertretern aus Politik und Wissenschaft die Anforderungen an ein modernes Sozialstaatsmodell diskutiert und ihre Eckpunkte vorgestellt. Massive Veränderungen bei den Qualifikationsanforderungen im Zuge der Digitalisierung und Globalisierung, etwa die breite Einführung der Elektromobilität, erfordern die Weiterentwicklung der Schutz- und Gestaltungsnormen im Arbeitsleben.
Der Schlüssel zur digitalen Ökonomie sind Bildung und Qualifizierung. "Deshalb muss Lernen, Bildung und Weiterbildung während des gesamten Erwerbslebens mit einem individuellen Rechtsanspruch verbunden werden", forderte Hofmann. Der Zugang zu Bildung und Weiterbildung müsse als öffentliches Gut selbstverständlich werden. "Der Sozialstaat ist in keiner Epoche seiner Geschichte einfach vom Himmel gefallen. Immer war er das Resultat politischer und gewerkschaftlicher Aktivitäten. Sozialstaat musste schon immer `gemacht´ werden", sagte Hofmann während der Abschlussdiskussion mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und Prof. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB).
Andrea Nahles, Bundesarbeitsministerin: "Wir haben es selbst in der Hand, dass auch in der Arbeitswelt der Zukunft Gerechtigkeit herrscht - faire Löhne, gute und gesunde Arbeitsbedingungen, Teilhabechancen. Darum muss unser gemeinsamer Anspruch sein, anzupacken und zu gestalten. Dazu gehört, die Tarifbindung und die Sozialpartnerschaft wieder zu stärken. Dazu gehört auch, zu gerechten und selbstbestimmten Arbeitszeiten zu kommen - und sie in der Arbeitswelt der Zukunft zu erhalten. Zentral sind drittens Bildung und Weiterbildung: Da brauchen wir verbriefte Rechte; die BA kann und muss zur Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung werden."
Prof. Jutta Allmendinger wies darauf hin, dass wegen der höheren Anforderungen an Bildung und Weiterbildung die Lebensverläufe anders gestaltet werden müssten: "Über die Lebensjahrzehnte hinweg wird es immer wieder Phasen geben, in denen Männer und Frauen weniger Arbeitsstunden leisten, und dafür mehr Familienarbeit machen, sich weiterbilden oder einen ganz neuen Beruf erlernen. Die Politik, die Unternehmen und Gewerkschaft, aber auch jeder Einzelne und jede Familie müssen diesen Wandel mitgestalten."
Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 hat die IG Metall Forderungen an die Politik erhoben, mit denen die Gestaltungsmöglichkeiten im Betrieb deutlich verbessert werden könnten. So auch die Forderung nach Chancen für alle durch mehr Bildung:
Soziale Ungleichheit ist oft eine Folge ungleicher Bildung. Welche Bildung jemand erhält, hängt wiederum stark vom Elternhaus ab. Ungleiche Bildungschancen setzen sich nach der Schule fort: in ungleichen Arbeitsbedingungen, Einkommen, Weiterbildungsmöglichkeiten und Risiken, arbeitslos zu werden. Die IG Metall steuert dagegen, soweit es ihr möglich ist: Sie setzt sich für Einstiegsqualifizierungen für Jugendliche und Öffnung von Führungskarrieren für Fachkräfte mit Berufsabschluss ein, hat Tarifverträge zu Qualifizierung abgeschlossen und wirkt dabei mit, Ausbildungsinhalte im Zeitalter der Digitalisierung zukunftsfähig zu machen. Von der Politik erwartet sie: bessere Ausstattung und Digitalisierung von Berufsschulen; mehr Demokratie an den Hochschulen; bessere finanzielle Unterstützung für Berufswechsler, gering Qualifizierte oder Ausgebildete mit Studienwunsch sowie Initiativrechte des Betriebsrats für Qualifizierungen und Mitsprache bei Lernangeboten.