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DGB-Alternativer_BAfoeG_Bericht-2021

Alternativer BAföG-Bericht der DGB-Jugend

Vom Aufstiegsversprechen ist heute nicht mehr viel übrig

16.06.2021 Ι Das BAföG hält schon lange nicht mehr das Versprechen, junge Menschen in Ausbildung und Studium zu unterstützen. Deshalb hat die DGB-Jugend einen alternativen Bericht veröffentlicht, der gravierenden Reformbedarf offenlegt.

"Ein WG-Zimmer kostet im Sommersemester 2021 rund 403 Euro. Doch nach der seit 2019 geltenden Wohnpauschale im BAföG erhalten Studierende dafür gerade einmal 325 Euro. Dieser Betrag hätte zuletzt 2016 gereicht, um ein Zimmer zu bezahlen. Heute ist die Lage eher aussichtlos. Zumal in deutschen Universitätsstädten wie Münster, Tübingen oder Heidelberg die Mietpreise besonders stark angezogen haben.

 

 

Damit ist die Aussicht auf bezahlbaren Wohnraum im Studium für viele BAföG-Bezieher_innen mehr als schwierig. "Die soziale Herkunft darf nicht über die Bildungschancen entscheiden. Wir brauchen schnellstens ein besseres BAföG. Die Mieten machen bei den Lebenshaltungskosten der jungen Menschen inzwischen den Löwenanteil aus. Die Bedarfssätze im BAföG müssen sich an den realen Ausgaben der Geförderten orientieren", fordert DGB-Bundesjugendsekretärin Ela Conte. Ein Problem ist, dass die Bundesregierung nur unregelmäßig analysiert, ob und wie das BAföG noch zu den aktuellen Lebensbedingungen der Studierenden passt. Eigentlich ist im BAföG eine zweijährige Berichterstattung fest verankert, jedoch kommt die Politik dem regelmäßig nicht nach verschiebt ihren Bericht immer wieder. Der letzte Bericht der Bundesregierung erschien im Dezember 2017. Darum hat die DGB-Jugend nun einen alternativen BAföG-Bericht veröffentlicht."

(Quelle: DGB)

 

"Der vorliegende Bericht hat die jüngsten Entwicklungen nach der 26. BAföG-Novellierung mit aktuellen Zahlen nachgezeichnet.


Während die BAföG-Förderung dem Zweck nach die bedarfsdeckende Förderung von »Lebensunterhalt und Ausbildung « verfolgt, deuten die Ergebnisse in der Gesamtschau darauf hin, dass dieses Ziel in der jüngeren Vergangenheit für einen Teil der Auszubildenden nicht erreicht wurde und weiterhin deutliche Probleme bestehen.


Entwicklung der Gefördertenzahlen
Der stark rückläufige Trend der Gefördertenzahlen gibt Anlass zur Sorge. Seit dem letzten Alternativen BAföG Bericht sind 21 Prozent weniger Studierende gefördert worden, obwohl die Anzahl der Studierenden in diesem Zeitraum um 5 Prozent gestiegen ist. Auch bei den förderungsfähigen Schüler_innen ist ein deutlicher Rückgang zu beobachten.


Einerseits kann das BAföG die Anreizfunktion zur Weiterqualifikation mit sinkenden Gefördertenzahlen weniger gut erfüllen. Andererseits droht eine Zunahme sozialer Ungleichheit,
wenn ein zunehmend kleinerer Anteil der einkommensschwächeren Bevölkerungsteile von der Bundesausbildungsförderung profitieren kann.

 

Bedarfssätze und Freibeträge
Mit der jüngsten Erhöhung ist es gelungen, den Rückstand der Bedarfssätze der Bundesausbildungsförderung gegenüber der durchschnittlichen Preisentwicklung einzuholen. Dennoch bleiben die Bedarfssätze - vor allem auf Grund der rasanten Entwicklung der Mieten - weiterhin hinter den realen Lebenshaltungskosten zurück. Geförderte  nach BAföG erhalten selbst bei eventueller Vollförderung vielerorts keine bedarfsdeckende Förderung.


Die Einkommensfreibeträge wurden zwar näher an die Bruttolohnentwicklung herangeführt, sind aber, wie der drastische Rückgang der Geförderten offenbart, immer noch zu niedrig um eine breitere Förderung von Ausbildungswilligen zu ermöglichen.

 

Finanzwirtschaftliche Entwicklung und BAföG-Ausgaben
Die Ausgaben für BAföG-Förderung sind im Untersuchungszeitraum sowohl absolut als auch relativ zu Bruttoinlandsprodukt und Ausgaben des Bundes wahrnehmbar zurück gegangen. Diese Reduktion der für die Ausbildungsförderung bereitgestellten Ressourcen in einer Phase prosperierender wirtschaftlicher Entwicklung entspricht einer Depriorisierung der Aufgabe der Ausbildungsförderung. Dieses Ergebnis steht auch im Kontrast zu den vorgestellten Befunden unzureichender Bedarfsdeckung, insbesondere für Studierende in  Regionen mit hohem Mietniveau.

 

Verschärfte Problemlagen in Zeiten der Pandemie
Verschiedene Befunde und Überlegungen deuten auf eine zum Teil erheblich Verschlechterung der Lebenssituation von Schüler_innen und Studierenden während der Covid-19-Pandemie hin: Verschlechterte Arbeitsmarktsituation, verringerte elterlicher Transferleistungen und zusätzliche Ausgaben erschweren die Ausbildungsfinanzierung. Es muss zu dem angenommen werden, dass die ökonomischen Folgen für diejenigen Schüler_innen und Studierende am gravierendsten ausfallen, die schon zuvor keine bedarfsdeckende Förderung erhielten bzw. nicht ausreichend von ihren Eltern unterstützt wurden. Die hohe Zahl an Anträgen im Rahmen der Überbrückungshilfe und die massive Zunahme bei der KfW-Kreditaufnahme dokumentieren diese sehr angespannte Situation. Die Ausnahmesituation in der Krise offenbart die generellen Missstände der deutschen Ausbildungsfinanzierung."

(Quelle: Alternativer BAföG-Bericht, S. 31)

 

Die von der Bundesregierung mit der letzten BAföG-Novelle angekündigte Trendwende blieb aus. Der Alternative BAföG-Bericht zeigt: Das BAföG erfüllt seine Aufgabe weiterhin nur unzulänglich. Die Förderung erreicht, vor allem auf Grund der zahlreichen  nichtökonomischen Förderungsvoraussetzungen und den zu niedrig angesetzten Einkommensfreibeträgen, zu wenig junge Menschen. Auch ist das Festhalten am Darlehnsanteil auf dem Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit ein Hindernis. Nicht zuletzt setzt die 
BAföG Förderung häufig zu spät im Lebenslauf an, um Benachteiligung aufgrund des familiären Hintergrundes auszugleichen.


Der Alternative BAföG-Bericht macht deutlich, dass trotz substanzieller Verbesserungen die zurückliegende Reform nicht ausreichend war. Wie immer heißt es: Nach der Reform ist vor der Reform. Aus unserer Sicht müssen jetzt durch ein 27. BAföGÄndG  folgenden Veränderungen auf den Weg gebracht werden:

 

  • Das BAföG erreicht längst nicht mehr - wie von allen demokratischen Parteien gefordert - die untere Mittelschicht. Die Elternfreibeträge müssen schnell und drastisch angehoben werden, so dass der Kreis der Anspruchsberechtigten wächst und diesem politischen Anspruch auch Rechnung getragen wird. Auch sollte das BAföG herkunftsunabhängig werden und so auch Menschen mit Fluchterfahrung BAföG-Anspruch unabhängig ihrer Aufenthaltsdauer und des Asylverfahrensstatus zu ermöglichen.
  • In der Corona-Krise zeigt sich, wie unzureichend die staatliche Studienfinanzierung ist. Um Schüler_innen, Studierenden und Auszubildenden, die auf Grund von epidemischer oder anderer Krisenlagen von nationaler Tragweite in finanzielle Not geraten eine unbürokratische und schnelle Hilfe zu ermöglichen, muss ein Notfallmechanismus im BAföG verankert werden.
  • Seit dem Wintersemester2020/21 liegt der Regelbedarf für Studierende bei 427 Euro im Monat (ohne Wohnpauschale). Allerdings benötigte ein durchschnittlicher Studierender bereits 2016 etwa 514 Euro pro Monat (ohne Miete). Ein  bedarfsdeckendes BAföG muss die Preissteigerung regelmäßig nachvollziehen. Der Ausgangspunkt muss eine einmalige Erhöhung um mindestens 150 Euro sein. 
  • Bedarfssätze, Freibeträge und Sozialpauschalen müssen regelmäßig mit jedem fälligen BAföG-Bericht an Inflation und Einkommensentwicklung angepasst werden. Dies muss auch fest im Gesetz verankert werden.
  • Um den massiven Preisanstieg und regionale Unterschiede im Wohnbereich abzubilden, fordert die DGBJugend, für BAföG-Beziehende mit eigenem Haushalt im BAföG eine Regelung analog der Wohngeld-Tabelle einzuführen. Damit würden die maximalen Wohnkostenzuschüsse für einen Ein-Personenhaushalt, je nach Region zwischen 338 Euro und 575 Euro liegen.
  • Aktuell haben Schüler_innen nur Anspruch auf BAföG, wenn sie nicht mehr zu Hause wohnen und eine eigene Haushaltsführung erforderlich ist. Diese Praxis trägt zur sozialen Schieflage beim Hochschulzugang bei, da schon die Entscheidung, ob Abitur gemacht wird, häufig an finanzielle Möglichkeiten geknüpft wird. Die Bundesausbildungsförderung muss wieder in allgemeinbildenden Schulbereich ausgeweitet werden.
  • Die Anpassung des BAföG an die Lebens- und Studienrealität junger Menschen ist überfällig. Dazu gehört für die DGB-Jugend, die Abschaffung der Altersgrenzen, die Erhöhung der Förderhöchstdauer pauschal um zwei Semester, die Möglichkeit bezogen auf das laufende Semester einen rückwirkenden Antrag zu stellen und das Angebote zur Orientierung, die dem Studium verbindlich vorgeschaltet sind, BAföG förderfähig werden.
  • Zu viele Studierende die eigentlich BAföG berechtigt sind beantragen die Leistungen nicht. Häufig wird die Angst vor Verschuldung als Grund genannt. Deshalb fordert die DGB-Jugend das BAföG zeitnah in eine Vollförderung zu überführen. Für Studierende, die zum Inkrafttreten der 27. BAföG-Novelle bereits BAföG als Teildarlehen bezogen haben sind Übergangsbestimmungen zu erlassen. Auch sollte die Studienabschlussförderung nicht als Volldarlehn, sondern zu den Konditionen des BAföG gewährt werden.
  • Es gibt viele Gründe warum ein Studium länger dauert. Pflege ist hier ein häufiger Grund. Wir fordern, dass die Förderhöchstdauer prinzipiell für Pflege bei anerkannter Pflegegrade verlängert werden kann und hier der Verlängerung an die  Modalitäten für Geförderte mit Behinderung angeglichen wird. Auch nachweisliches Engagement in den Förderwerken der Begabtenförderung, in einem anerkannten Jugendverband, sowie für die Mitwirkung in gesetzlich vorgesehenen Gremien betrieblicher Interessenvertretung, die des Studierenden-BAföG.

 

Wir regen an, dass BMBF und BMAS in der kommenden Legislaturperiode einen Prozess unter Beteiligung der Sozialpartner und weiteren relevanten Akteur_innen einleiten, um in der aktuellen Förder- und Finanzarchitektur der Erwachsenenbildung bzw. des lebenslangen Lernens Lücken zu identifizieren und ein Gesamtkonzept, das dem Gleichheitsgebot angemessen ist, zu erarbeiten.

(Quelle: Alternativer BAföG-Bericht, S. 33)

 

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