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Digitalisierung krempelt das Personalmanagement um | Magazin Mitbestimmung 02/2021

WENN DER COMPUTER DIE NEUE EINSTELLT

10.06.2021 Ι Künstliche Intelligenz und Algorithmen sollen Personalabteilungen entlasten. Die Technik macht Entscheidungen aber nicht automatisch besser. Beschäftigtenvertreter müssen sie kritisch begleiten.

Ein Beitrag von Maren Knödl im MAGAZIN MITBESTIMMUNG (Ausgabe 02/2021)

 

"Auf der Suche nach Mister oder Miss Perfect wühlen sich Personalabteilungen jedes Jahr durch Tausende Lebensläufe, Arbeitszeugnisse und Motivationsschreiben. Sie sortieren die Mappen auf Stapel und sichten erneut. Künstliche Intelligenz (KI) kann das Verfahren abkürzen [...]. Frank Lelke ist Kreistagsabgeordneter in Recklinghausen und Leiter der Innovationsplattform im Wirtschaftsforum der SPD. Unternehmer, Gewerkschaften und Verbände tauschen sich dort über ihre Erfahrungen aus, entwickeln Konzepte und Empfehlungen für die betriebliche Praxis im Umgang mit der Digitalisierung wie ständige Erreichbarkeit, KI oder Weiterbildung. Lelke selbst arbeitet im Personalmanagement bei Evonik Industries in Essen und setzt sich dort auch beruflich mit computergestützten Entscheidungen auseinander. Bei seinem Arbeitgeber ist der KI-Headhunter bisher noch ein Pilotprojekt. An anderen Stellen des Personalmanagements wird künstliche Intelligenz aber schon eingesetzt, zum Beispiel in Form von Chatbots bei der Personalauswahl. Der Bot beantwortet einfache Fragen, etwa nach Unterlagen oder einzelnen Stationen des Bewerbungsverfahrens.

 

"Bei 23 000 Bewerbungen, die jährlich allein in Deutschland im Unternehmen eingehen, ist das eine enorme Erleichterung", sagt Lelke. Eine Vorauswahl durch Algorithmen kann er sich in Zukunft gut vorstellen. "Würden wir etwa gezielt eine Lackingenieurin suchen, kann ein Algorithmus die harten Kriterien wie notwendige Qualifikationen schneller erfassen und passende Bewerbungen suchen." Auch für die Bewertung von sozialen Kompetenzen sollen KI-Technologien perspektivisch die Datenaufbereitung unterstützen. "Ein Bewerbungsgespräch, in dem auch mal über das Wetter gesprochen wird, um den Kandidaten besser kennenzulernen, kann aber durch sie nicht ersetzt werden", sagt Lelke.

 

[... Doch] Algorithmen und KI sind immer nur so gerecht und unvoreingenommen wie die Daten, mit denen sie arbeiten. Das weiß auch Katharina Simbeck. Sie ist Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin und hat das Thema "Diskriminierung durch den Einsatz von Algorithmen im Personalbereich" gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung erforscht. Sie bezweifelt, dass der Einsatz von KI in Bewerbungsverfahren nur Vorteile mit sich bringen wird. "Dass ein Algorithmus gewisse Regeln abarbeitet, ist nicht grundsätzlich schlecht, im Gegenteil. Er ist transparent, entscheidet für alle Daten gleich und nachvollziehbar", sagt sie. Bei der KI seien dagegen die Regeln, nach denen Algorithmen vorgehen, oft nicht mehr zu durchschauen. "Dann muss ich genau überlegen, welche Daten ich dem Modell gebe und welche Informationen dahinterstecken." [...]

 

Intransparenz im Umgang mit ihren Daten fürchten auch viele Beschäftigte beim Einsatz solcher Modelle. In einer Umfrage des Center for Advanced Internet Studies (CAIS) zusammen mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gaben 50 Prozent der Befragten an, dass sie Angst davor haben, Betriebe könnten weniger transparent mit ihren Daten umgehen. 40 Prozent fürchten, durch den Einsatz von KI vermehrt am Arbeitsplatz überwacht zu werden.

 

Eine Angst, die Rechtswissenschaftler Peter Wedde nachvollziehen kann. Unter der Leitung von Algorithm Watch und gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung hat er sich mit Automatisierung im Personalmanagement und den Auswirkungen auf die Mitbestimmung befasst. Ein Ergebnis: Die Beschäftigten sind arbeitsrechtlich nicht genug geschützt. Weder sei die digitale Überwachung von Beschäftigten ausreichend geregelt, noch gebe es ein Beweisverwertungsverbot von widerrechtlich erlangten Informationen. Betriebsräten sei es nur begrenzt möglich, die Automatisierung des Personalmanagements zu gestalten. Nach der aktuellen Rechtslage können sie den Einsatz von KI und Algorithmen nicht grundsätzlich, sondern nur in freiwilligen Betriebsvereinbarungen regeln. [...]

 

Der Einsatz von KI und Algorithmen im Personalmanagement schreitet voran. Laut einer Befragung des Instituts for Competitive Recruiting setzen 70 bis 80 Prozent der Unternehmen auf sogenannte Bewerbermanagementsysteme. Noch ist unklar, was es für Betriebsräte bedeutet, wenn der Roboter unsichtbar mit am Tisch sitzt. Bei Einstellungen haben sie ein Mitbestimmungsrecht. Daher wird es für sie immer wichtiger, die Arbeitsweise der Technik zu verstehen und ihre Entscheidungen transparent zu machen."

(Quelle: MAGAZIN MITBESTIMMUNG (Ausgabe 02/2021))

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