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Prüfungsinstrument

Schriftlich zu bearbeitende Aufgaben

sind praxisbezogen oder berufstypisch. Bei der Bearbeitung entstehen Ergebnisse wie z.B. Lösungen zu einzelnen Fragen, Geschäftsbriefe, Stücklisten, Schaltpläne, Projektdokumentationen oder Bedienungsanleitungen..

Werden eigene Prüfungsanforderungen formuliert, erhalten die Schriftlich zu bearbeitenden Aufgaben eine eigene Gewichtung. Bewertet werden

 

  • fachliches Wissen,
  • Verständnis für Hintergründe und Zusammenhänge und/oder 
  • methodisches Vorgehen und Lösungswege.

 

Zusätzlich kann auch (z.B. wenn ein Geschäftsbrief zu erstellen ist) die Beachtung formaler Aspekte wie Gliederung, Aufbau und Stil bewertet werden.

 

Weitergehende Informationen findet Ihr auf den Seiten des Prüferportals:

 

Vom Grundsatz her ist der Prüfungsausschuss ein autarkes Gremium, das die Gesamtergebnisse der Prüfungen verantwortet und die Entscheidungen über Bestehen oder Nichtbestehen auf der Grundlage der geltenden Rechtsnormen trifft. Dennoch gibt es eine starke Allianz von zuständigen Stellen und deren Einrichtungen zur Entwicklung zentraler schriftlicher Prüfungsaufgaben, die den Prüfungsausschüssen die Verantwortung für einen wesentlichen Teil der Prüfungsgestaltung abnehmen. Dafür gibt es auch eine Reihe von rationalen Gründen:

  • An schriftliche Prüfungsaufgaben werden höchste Qualitätsmaßstäbe gesetzt, Fehler sind in einer Prüfungssituation kaum zu korrigieren.

  • Die Entwicklung schriftlicher Prüfungsaufgaben ist außerordentlich aufwändig und wäre in der Breite von der Vielzahl ehrenamtlicher Ausschüsse nicht zu stemmen.

  • Die zentrale Entwicklung von schriftlichen Prüfungsaufgaben ist ein Gebot der Ökonomie.

  • Zentral erarbeitete und eingesetzte Prüfungsaufgaben sichern gleiche Anforderungen und Bedingungen für alle Prüfungsteilnehmer.

 

Es bleibt aber zu fragen, ob nicht auch wesentliche Gegenargumente die aktuelle Praxis in weniger gutem Licht erscheinen lassen. Immerhin setzt sich in fast allen Berufen die Abschlussnote zu einem großen Prozentsatz aus den Prüfungsbereichen mit schriftlichen Aufgaben zusammen. Hier einige Beispiele:

 

Anteil der Prüfungsinstrumente an der Gesamtnote

(Stand 2011 | Die grauen Balken stehen für Prüfungsbereiche mit schriftlichen Aufgaben, die blauen Balken für interaktive Prüfungsinstrumente.)

 

Zentraler Prüfungsgegenstand im beruflichen Bildungssystem ist die berufliche Handlungsfähigkeit. In dieser Aussage stimmen Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung wortgleich überein. Es handelt sich also um einen weitreichenden Konsens. Auch in den einzelnen Ausbildungsordnungen werden die Prüfungsanforderungen stets mit Aussagen der Art: "Im Prüfungsbereich X soll der Prüfling zeigen, dass er ... kann," was sich ausnahmslos auf berufstypische Tätigkeiten bezieht. Die interaktiven Prüfungsinstrumente stellen Prüfunssituationen her, in denen diese Tätigkeiten direkt oder im Vorfeld ausgeführt, dokumentiert und/oder beobachtet bzw. hinterfragt werden.

 

Inwiefern können auch schriftliche Aufgaben die berufliche Handlungsfähigkeit prüfen? Viele berufliche Arbeitsaufgaben gehen mit schriftlichen Arbeiten einher, gerade in kaufmännischen Berufen. Was eine isolierte schriftliche Prüfungsaufgabe
von einer schriftlich zu bearbeitenden Arbeitsaufgabe unterscheidet, sind folgende Aspekte:

  • Einer schriftlichen Prüfungsaufgabe fehlt der "natürliche" betriebliche Handlungszusammenhang. Zwar sind diese Aufgaben seit einiger Zeit in Modellunternehmen angesiedelt, aber nicht wenige Handlungssituationen sind extrem
    reduziert oder gar als Pseudosituationen zu kennzeichnen.
  • Der Zugriff auf berufstypische Arbeits- und Organisationsmittel ist nicht möglich bzw. eingeschränkt.
  • Eine zunehmende Zahl beruflicher Arbeitsaufgaben erfordern Teamarbeit oder die Kommunikation in Arbeits- und Geschäftsprozessen, was schwerlich in schriftlichen Aufgaben konstruierbar ist.

 

Und ein weiterer Fakt sollte zu denken geben: Warum sind nicht nur in beruflichen Schulen, sondern auch in betrieblichen Ausbildungsabteilungen Paukkurse für die Abschlussprüfung üblich? Warum sind Prüfungskataloge und Aufgabensammlungen älterer Prüfungen so populär? Weil nur so die berufliche Handlungskompetenz erworben werden kann, also nur so ausgeglichen werden kann, was in drei oder mehr Jahren der Ausbildung nicht gelungen ist? Das ist doch absurd. Handlungskompetenz kann man nicht pauken. Sie kann nur durch begleitetes, reflektiertes Handeln in einem Prozess mit zunehmend verantwortungsvollen und eigenständig bzw. im Team bewältigten Lern- und Arbeitsaufgaben entstehen - idealerweise direkt in betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozessen; wo das nicht möglich ist, in lernförderlichen, mit berufstypischen Arbeits- und Organisationsmitteln ausgestatteten Simulationsumgebungen. Schriftliche Prüfungsaufgaben haben also in der Tat ein ungelöstes Problem mit der beruflichen Handlungskompetenz.

 

 

Moderne, handlungsorientierte Prüfungen sind der logische Abschluss einer modernen dualen Ausbildung. Unser duales Berufsbildungssystem und das berufliche Prüfungswesen sind vom Grunde so angelegt, dass eine gesonderte Prüfungsvorbereitung - ein Pauken und Konditionieren auf den Tag der Prüfung hin - nicht nötig sind. Dennoch findet es immer und überall statt - auch in ganz neuen Berufen und in Unternehmen mit hervorragenden Ausbildungsabteilungen. Solange das Prüfungsinstrument "Schriftliche Aufgaben" so wirkgewaltig ist, bleibt das auch so. Veränderungen wird es nur schrittweise geben, die IG Metall wirkt hierbei maßgeblich gestaltend mit:

  • Sie setzt sich für ein größeres Gewicht der interaktiven Prüfungsformen in beruflichen Neuordnungsverfahren ein. 
  • Sie ist bestrebt, gebundene Aufgabenformen (sogenannte Multiple-Choice-Aufgaben) zurückzudrängen und 
  • sie macht ihren Einfluss in Fachausschüssen zur Aufgabenerstellung zunehmend geltend.

 

Erklärtes Ziel ist also, die Abschluss- bzw. Gesellenprüfung immer weniger zu einer besonderen Situation in Bezug auf die geforderten beruflichen Kompetenzen zu machen

 

 

Das ist jetzt kein Widerspruch zum gerade Gesagten. Die Anforderungen in einer Prüfung sollen immer weniger von den beruflichen Handlungskompetenzen abweichen. Aber die Situation selbst bleibt etwas Besonderes. Meist befindet sich der Prüfling in ungewohnter Umgebung. Er ist in der Prüfung mit einem ihm unbekannten Gremium konfrontiert, von dem er nicht sicher sein kann, dass es ihm wohlgewogen ist. Und es bleibt immer der Bühnen- oder Vorführeffekt, der für zusätzliche Aufregung sorgt. Auf diese Herausforderung sollte sich jeder Prüfling vorbereiten können und in dieser Hinsicht sollte er in den dualen Lernorten umfassende Unterstützung erhalten. Prüflinge optimal auf die besondere Situation der Prüfung vorzubereiten heißt:

  • Prüfungsanforderungen müssen maximal transparent sein - nur so kann Unsicherheit abgebaut und das Vertrauen gestärkt werden, diesen Anforderungen genügen zu können.
  • Ausbilder/-innen und Lehrer/-innen, die selbst in Prüfungsausschüssen arbeiten, haben die besten Voraussetzungen, ihren Auszubildenden die Angst vor der Konfrontation mit diesem Gremium zu nehmen.
  • Situationen des Präsentierens vor Publikum und des Arbeitens unter Beobachtung und Zeitdruck können in der Tat trainiert werden. Sie gehören immer mehr zum Portfolio beruflicher Handlungskompetenzen.

 

 

Prüfen

Links und Zusatzinformationen
Wichtig!

"Die Gesamtzeit aller Prüfungsbereiche, in denen ausschließlich schriftliche Prüfungsleistungen zu erbringen sind, darf insgesamt und pro Tag 300 Minuten nicht überschreiten.


Die Zeitdauer für jeden einzelnen Prüfungsbereich, in dem ausschließlich schriftliche Prüfungsleistungen zu erbringen sind, beträgt mindestens 45 Minuten."

 

(BIBB HA Empfehlung 119)

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