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Bundesregierung plant Änderung des IHK-Gesetzes

Rechtsverstöße des DIHK sollen legalisiert werden - mit Folgen für Berufsbildung

02.02.2021 Ι In der Berufsbildung gibt es ein bewährtes Zusammenwirken der Sozialpartner - das nun gehörig durcheinandergeraten könnte. Kurz vor Weihnachten hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine Änderung des IHK-Gesetzes auf den Weg gebracht, mit dem der bisherige eingetragene Verein DIHK zu einer Bundeskammer aufgewertet werden soll. Kritik kommt nicht nur von den Gewerkschaften, auch viele Arbeitgeber und ihrer Verbände zeigen sich irritiert. Doch bislang verhallen alle Mahnungen ungehört, schon an diesem Mittwoch, 03.02.2021, berät das Bundeskabinett über den Gesetzesentwurf.

Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, warnt eindringlich davor, in das gut entwickelte und international beachtete System der beruflichen Bildung in Deutschland einzugreifen. "Das überhastete Gesetzesvorhaben wird nicht ohne negative Folgen für die Ausbildung bleiben. Es ist darüber hinaus ein Angriff auf das sorgsam ausbalancierte Zusammenwirken von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden etwa in der Sozialpolitik oder bei arbeitsrechtlichen Fragen", so Urban.

 

Doch Minister Altmaier will offensichtlich mit aller Macht und Eile den bisherigen Lobbyverein DIHK aufwerten und ihm die "Wahrnehmung der Interessen der gewerblichen Wirtschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene" sichern, wie es im Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) heißt. Das provoziert die Frage, ob diese Aufgabe nicht bereits hinreichend durch die Arbeitgeberverbände BDA, BDI etc. wahrgenommen wird.

 

Mit Blick auf die berufliche Bildung räumt der Referentenentwurf der geplanten Bundeskammer DIHK die Möglichkeit ein, "zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung [.] unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes, Maßnahmen zu treffen." Wie sich dieser Satz in der Praxis konkret auswirken wird, kann angesichts der wohl bewusst allgemein gehaltenen Formulierung derzeit kaum überblickt werden. Für die Berufsbildung kann die geplante Gesetzesänderung gleichwohl eine deutliche Verschiebung des Kräfteverhältnisses auf Seiten der Arbeitgeber zur Folge haben.  

 

Gleichzeitig drohen die Interessen der Arbeitnehmer*innen in der geplanten Bundeskammer DIHK auf der Strecke zu bleiben. Denn zu Fragen der Mitbestimmung weist der Gesetzesentwurf eine eklatante Lücke auf. Entsprechend soll es auch keinen ,störenden' Berufsbildungsausschuss geben. Dadurch wird es weder für Arbeitnehmer*innen noch für Arbeitgeber die Möglichkeit geben, auf Maßnahmen der Berufsbildung bei der Bundeskammer ihren Einfluss auszuüben. Stattdessen will allein das Wirtschaftsministerium BMWi selbst die Aufsicht übernehmen.

 

Dieser Ansatz dürfte schon bald auf eine harte Probe gestellt werden. Die neue Bundeskammer soll unter anderem die gesetzliche Legitimation bekommen, eigene Gesellschaften zu gründen: "Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben kann die Deutsche Industrie- und Handelskammer Gesellschaften und Vereinigungen gründen sowie sich an Gesellschaften, Vereinigungen, Zusammenschlüssen und Einrichtungen beteiligen oder diese unterstützen." Ob dann aber die Aufsicht durch das BMWi funktioniert, wenn etwa IHK-Akademien Fortbildungslehrgänge anbieten, eine DIHK-BildungsGmbH Lehrgangs- und Dozentenmaterial sowie Prüfungsaufgaben erstellt und sich dies über die Aufstiegs-BAföG-Förderung der Teilnehmer*innen finanzieren lässt, muss bezweifelt werden.

 

Doch nicht nur die Berufsbildung wäre von der geplanten Änderung betroffen. Die neue Bundeskammer bekäme auch das Recht, Stellungnahmen zu sozial- und arbeitsmarktpolitischen Fragen aus wirtschaftlicher Perspektive abzugeben. Das hat der DIHK zwar in der Vergangenheit auch schon getan - damit seine Kompetenzen aber deutlich überschritten. In der Folge hatten einzelne Unternehmen, die Zwangsmitglied in einer IHK sind, gegen die wiederholten kompetenzüberschreitenden Äußerungen von DIHK-Vertretern geklagt und einen Austritt ihrer IHK aus dem DIHK erwirkten. Doch was bisher Unrecht war, soll nun mit der Änderung des IHK-Gesetzes zu Recht werden. "Die Überführung eines Lobbyverbandes in eine Körperschaft öffentlichen Rechts, nur um bisherige Rechtsverstöße zu legalisieren, ist ein beispielloser Vorgang", so Hans-Jürgen Urban.

 

Die Gewerkschaften haben sich in ihrer gemeinsamen Stellungnahme klar positioniert. Sie lehnen die geplanten Änderungen des Systems der Industrie-und Handelskammern ohne Beteiligung der Beschäftigten in aller Deutlichkeit ab - zumal ohne sorgfältige Vorbereitung und umfassenden Diskussionsprozess. Und selbst in den Stellungsnahmen der Arbeitgeberverbände wird die Kritik am Vorgehen von Minister Altmaier deutlich. Ein Übersicht der Stellungsnahmen findet man HIER.

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