Duales Studium
Untersuchung zeigt Verbesserungsbedarf
Studium mit Ausbildung oder Beruf verbinden - dieses Modell erfreut sich wachsender Beliebtheit. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Nachfrage nach dualen und berufsbegleitenden Studiengängen stark gestiegen. Einen "regelrechten Boom" hat es bei den dualen Studiengängen gegeben. Während sich im Jahr 2005 nur weniger als ein Prozent aller Studienanfänger für ein solches Studium entschieden, waren es 2014 bereits fast fünf Prozent. Die Forscher gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Das liegt auch daran, dass die Studiengänge von Hochschulen und ihren Kooperationsunternehmen teilweise stark beworben werden. Dagegen stiegt die Nachfrage bei berufsbegleitenden Studiengängen in geringerem Maße. Hier wirkten sich die Gebührenpflicht oder fehlende Unterstützung durch Arbeitgeber hemmend aus.
Wer ein berufsbegleitendes oder ein duales Studium aufnimmt, verbindet damit bestimmte Erwartungen: Die Befragten schätzen die Verzahnung von Theorie und Praxis, erhoffen sich bessere Einstiegs- oder Aufstiegsmöglichkeiten. Nicht selten erweist sich die Doppelbelastung jedoch als stressig. Das gilt vor allem für diejenigen, die berufsbegleitend studieren. Häufig bleibt ihnen kaum Freizeit, erst recht wenn sie dazu noch ein Kind betreuen müssen. Auch das Vorbereiten von Prüfungen empfinden sie als belastend. Dies habe vermutlich damit zu tun, dass berufsbegleitend Studierende stärker auf sich allein gestellt sind, während dual Studierende durch ihr Präsenzstudium intensiver in ihrer Hochschule eingebunden sind, schreiben Nickel, Schulz und Püttmann.
Allerdings sagen auch die dual Studierenden, dass sie ihre Freizeitaktivitäten deutlich einschränken müssen, weil das Vor- und Nachbereiten von Studieninhalten und der Besuch von Präsenzveranstaltungen neben der Ausbildung im Betrieb so viel Zeit in Anspruch nimmt. Ein Teil der Befragten führt das auch auf Lücken bei der Abstimmung zwischen der Theorie an der Hochschule und der Praxis im Betrieb zurück. Ein Gefühl der Erschöpfung ist in beiden Gruppen weit verbreitet. Immerhin: Die Quote derjenigen, die ihre Hochschulausbildung vorzeitig abbrechen, ist weder im berufsbegleitenden noch im dualen Studium höher als bei anderen Studierenden.
Nach Ansicht der Befragten könnte einiges getan werden, um die Belastung zu verringern. Vor allem wünschen sich die Betroffenen, dass die Hochschulen beruflich erworbene Kompetenzen stärker als bisher anerkennen. Dadurch könnte die Studienzeit insgesamt kürzer ausfallen. Nebenbei wären dann auch die Kosten im berufsbegleitenden Studium geringer, weil weniger gebührenpflichtige Module belegt werden müssten. "Hier besteht ein klarer Handlungsbedarf", schreiben die Wissenschaftler. Denkbar sei außerdem die Einführung innovativer Prüfungsformen wie zum Beispiel die Simulation berufsnaher Situationen.
Problematisch ist oft die rechtliche Absicherung von dual Studierenden: Im Rahmen von praxisintegrierenden Studiengängen erhalten die Studierenden häufig lediglich einen Vertrag als Praktikant oder Werkstudent. Damit sind sie schlechter gestellt als andere Beschäftigte oder Auszubildende, ihr Lohn fällt geringer aus, auch die Zahl der Urlaubstage. Und während sich Auszubildende bei Problemen an eigene Vertreter und den Betriebsrat wenden können, fehlt dual Studierenden aufgrund ihres rechtlichen Status´ oft diese Möglichkeit.
Hinzu kommt, dass sie sich mitunter nicht nur dazu verpflichten müssen, eine gewisse Zeit nach dem Studienabschluss im Unternehmen zu bleiben, sondern auch einwilligen, Studiengebühren und andere finanzielle Aufwendungen abzuarbeiten, damit sich die Investition für den Arbeitgeber rentiert. Dadurch könne ein Abhängigkeitsverhältnis entstehen, schreiben die Wissenschaftler und empfehlen: Arbeitnehmervertreter sollten die Situation der Studierenden in ihrem Unternehmen "kritisch prüfen und bei Bedarf intervenieren". Ähnliches kann auch im berufsbegleitenden Studium vorkommen - hier sei es aber deutlich schwieriger, sich einen Überblick zu verschaffen, weil ein berufsbegleitendes Studium oft ohne Wissen des Arbeitgebers durchgeführt wird.
Im Rahmen der BBiG-Novellierung gäbe es, nach Einschätzung der IG Metall, die Möglichkeit den Geltungsbereich des Gesetzes auf die Praxisphasen des dualen Studiums auszuweiten. Hierdurch liese sich der rechtliche Status dual Studierender mit einem Federstreich zu ihren Gunsten verbessern. Ob es dazu kommt werden wir sehen. Was die Bundesregierung aktuell dazu sagt, hat WAP bereits zusammengefasst (vgl. HIER). Was wir bezüglich des duale Studiums wissen:
Die Evaluierung des BBiG hat aus Sicht der Regierung ergeben, dass es sich bewährt hat und eine Bedarf an grundlegenden systemischen Änderungen nicht festgestellt werden konnten - da würden die Gewerkschaften schon einmal widersprechen. "Nichtsdestotrotz sind Optimierungen und zukunftsorientierte Gestaltungen zur Stärkung der beruflichen Bildung möglich. Dazu will die Bundesregierung neben der bereits im Koalitionsvertrag festgelegten "ausbalancierten und unbürokratischen" Mindestausbildungsvergütung weitere Schwerpunkte setzen:
- transparente Fortbildungsstufen verankern und
- ein Entbürokratisierungs- und Modernisierungspaket schnüren
Die Bundesregierung strebt nach eigener Aussage eine "ausgewogene und zukunftsorientierte Novelle" an, die jungen Menschen für eine duale Berufsausbildung oder Fortbildung gewinnen und gleichermaßen Unternehmen im dualen Ausbildungsgeschehen halten oder neu dafür begeistern soll.
Die wohl spannendste Frage, die auch den Grad an Zukunfstorientierung aufzeigen wird zu dem die Bundesregierung fähig ist, ist die nach der Aufnahme der Praxisphasen der dualen Studiengänge. Hierzu schreibt die Regierung: "Einzelne Inhalte einer Änderung des Berufsbildungsgesetzes sind Gegenstand von laufenden bzw. anstehenden regierungsinternen Beratungen. Unabhängig von der BBiG-Novelle verfolgt die Bundesregierung auch weiterhin mit Nachdruck die Betonung und Visibilität der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) bildet hierfür bereits derzeit einen wichtigen Baustein und wird auch in Zukunft - insbesondere durch die Zuordnung weiterer Qualifikationen - eine wichtige Rolle spielen."
Eine Fata Morgana zeichnet sich auch durch eine ausgeprägte Visibilität aus. Der IG Metall ist eine belastbare, rechtliche Regelung im BBiG, zum Vorteil zehntausender dual Studierenden, lieber. Denn beides (nachdrückliche Betonung durch die Regierung sowie Visibiltät durch den DQR) hilft den jungen Kolleginnen und Kollegen nicht dabei gute Ausbildungsbedingungen in den Praxisphasen zu gestalten.
Hochschulpolitik
für die politische Arbeit:
- VDMA-Studie bestärkt IGM-Forderungen
- Reform des Berufsbildungsgesetzes
- Studie von IGM und IQA
- Stellungnahme von Dr. Krone
- no cash back!
- Wissenschaft fordert Standards
- Tarifbindung für dual Studierende
- SPD unterstützt IGM Forderung
- Defizite im dualen Studium
- BBiG auf Praxisphasen des dualen Studiums ausweiten!
- Untersuchung zeigt Verbesserungsbedarf
- DHBW Befragung: Qualität Praxisphasen
- Anforderungen der Berufspraxis an ein duales Studium
- Positionspapier "Duales Studium"